goedels nachmittag

goedel stuetzt sich an der tischkante. der apfelstrudel ist noch auf dem teller. die gabel steckt in der kruste, senkt sich zur seite nach und nach. kampf um die kontrolle. kurt stellt die gabel wieder auf, obwohl er kein physiker ist. ich kannte albert einstein, denkt er, es irritiert ihn, da er in einstein eine persoenlichkeit sieht. er betrachtet den weissen teller mit blauem rand, nach einer handbewegung liegt alles auf dem teppich, in einem lichtbild, durch das sonnenlicht gesteckt. ist dies eine zahl? er schaut seine hand an und dreht sie. es ist eine alte hand geworden. goedel denkt, er wurde schon immer fuer das denken bezahlt. ernuechterung ist ein unangenehmes gefuehl. sie wiegt mehr als schmerz, da sie eine taeuschung enthaelt. sterbe ich schneller? goedel betrachtet die hautschuppen, den muskel, der sich hebt, wenn ein gedanke in ihm will. die falten auf der haut erscheinen so, als haette er sie zum ersten mal gesehen. bei welcher bewegung sind sie entstanden? bei einem haendedruck, beim oeffnen einer tuer, bei der beugung der finger an einem frauenhals ? wo ist adele ? goedel blickt sich um, er sieht die buecher an den waenden. sie machen ihn besoffen. alles besteht aus gedanken, alles. er spuert ein licht im kopf, laesst es dort gerne liegen. die beine machen einen gang zum fenster, die hand greift nach der braunen gardine. goedel fuehlt den stoff. unwillkuerlich lacht er auf. er fuehlt sich als sei er der letzte gegenstand in einem raum. als sei er eine andere farbe, oder ein anderer ton. bei allen gemeinsamkeiten mit der welt bin ich doch allein. er stellt die gabel wieder auf. steht wieder am tisch. adele ist auch alt geworden. goedel dreht die photographien in den rahmen um. er will sich nicht sehen als jungen menschen. sein geist fuehlt sich jeden morgen neu geboren und ist berechtigt eine entschuldigung auszuspucken, als sei es bloss sein erster tag. wie jeder erste schritt, ist der geteilt in angst und freude. unbehagen vor entscheidungen, das er in sich getragen hat. jetzt weiss er nicht, was er meint, wenn er verlangen hat nach impulsen, die ihn vorantrieben. an seiner tafel zieht er ein paar zahlen auf, nur um die konturen in sich aufzunehmen. addiert ein wenig, bleibt ganz schlicht in dem beruf. sie haben eine berufung, herr goedel. es ist uns eine ehre sie hier zu haben. so lachten sie und waren froh nicht selbst verloren zu sein. goedel spuert die ebene auf der er denken kann, stellt die kuchengabel wieder auf. adele ist verschwunden, sie haben sie genommen. krankheiten ueberall. dafuer gibt es ein krankenhaus und aerzte, die er schon immer bewundert hat. ihre handlungen sind weniger abstrakt. machmal schlug er einen nagel in die wand. nur um die wirklickeit zu spueren. er hoert gerne zu, wenn andere sprechen, es zerstreut ihn. goedel merkt, dass er im kreis gegangen ist. in einer ellipse vom fenster zum tisch, dann naeher an den teller gebeugt, die schaerfe verlagert sich, die augenmuskeln zerren, das gleichgewicht wird gefunden, stromschlaege im kopf, rueckkopplungen, dann vielleicht traenen oder ein kratzen oder wort. kurt trinkt ein glas wasser, spuert zahlen auf der zunge. nichts beruehrt sich wirklich. alle quantenteilchen stossen sich voneinander ab. ich habe nichts in meinem leben beruehrt. ist das meine wissenschaft? es ueberkommt ihn das wasser auszuspucken. das fenster klemmt beim oeffnen, er muss eine uhr von der fensterbank nehmen.im mund wird es warm. goedel spuckt das wasser in den busch, sieht die wasserbrocken zerreissen, in der gravitation um zusammenhalt kaempfen. ein flugzeug zieht im gleichen moment vorbei, wirft einen schatten auf die haeuser, ein passagier schaut aus dem bullauge auf goedels haus und lehnt sich dann zurueck. er sitzt im heck der maschine, spuert dort wie sich der koerper von einer anziehung befreit. goedel kennt den mann im flugzeug nicht, es ist der vater von dem krankenpfleger, der jetzt an adeles bett steht und einen arzt holt, weil sie schwerer atmet. ihr ist das gesicht schon leer geworden. sie kann sich nicht um kurt kuemmern. ihr letztes gefuehl ist verantwortungsbewusstsein. der schlaf, der ueber sie kommt, schmerzt nicht. goedel schliesst das fenster und stellt die uhr zurueck. er denkt an sein unvollstaendigkeitsgesetz, als er den kuchen betrachtet. ein wespe hat sich auf ein apfelstueck gesetzt und im zucker verfangen. ein fluegel klebt fest, riecht jetzt nach zimt. goedel holt eine pinzette vom sekretaer. er ueberlegt, ob er die wespe befreien oder hineindruecken soll. [pn]

futurist & kurve

er beisst sich durch die nacht. nachdem sie seine ersten zaehne herausgenommen haben,setzen sie die neuen ein. ist dies schon ein konflikt ? manoever und konkurrenz, er kann noch feiern,noch frieren. die neuen klappern noch gut. der arzt kostet nicht nur geld, sondern auch zeit. die ist abstrakt und umsonst. er sagt noch niemanden davon. aus mitleid mit den anderen. drohungen aus strom, so wie sie davon sprechen, haben sie angst davor. seine aspirin nimmt er. er quaelt sich und trinkt doppelt soviel. konzentrieren sie sich auf kraeftige farben, sagen die aerzte. er darf aufstehen.

der flur ist hell. keine insel. sehr lang und zerstoererisch. seine papiere darf er gleich mitnehmen, roentgenbilder, schmerzstiller. beissschiene fuer die nacht. er steht am wasserspender und zieht das getraenk ein. bezahlt am ausgang, sieht einer schwester nach und einem mann, der im rollstuhl sitzt und eine infusion liegen hat. besser aus dem pappbecher. die kacheln werden zu beton , dann zu platten. irgendwo ist auch ein bisschen grass. die stadt erwacht , wird lauter. spinner auf fahrraedern und zeitungsleser. vertrauenssprung, doch keiner faengt ihn auf. die glatze hat er vergessen, erst in einem schaufenster bemerkt er den unterschied. sonst sieht er sich nur auf photos , die schon alt sind. keine spiegel in der wohnung. in zwei wochen auch keine wohnung mehr. hier in der strasse ist ein kulturfest. er hat es satt. alles was interessant ist,kostet auch ein bisschen geld. die projektionen sind zwischen uns. das tatsaechliche und die teilung, er muss sich den kopf an einer waschstation mit kaltem wasser abstrahlen. in den gassen haengt die hitze, er fuehlt sich wie im orient, den er von bildern kennt. kauft sich den turban, von dem er so lange getraeumt hat. [pn]

nah nah

droschken aus metall, weisswaesche und buntwaesche
auf der strasse wird aufgehaengt , boshaft mit scheren
zerschnitten. papiertiger im zoo, die tiere sind alle gestorben.
im zweierreigen flanieren die paare am ufer entlang,
die maenner trinken sich die frauen schoen,
geigerzaehlerregen ,
metronomischer gang. heiratswillig,
feuchte nachmittage, die selten,
abgewischt werden. wangenknochen,
bulemische finger streichen ueber
rinde , pfauen elektrisch, pariser
erfindung. not macht gluecklich.
wir haben uns. pruegel an der einfahrt,
in der zeitung schreiben sie, das die
grippe toetet, dabei ersticken sie
an der einfachheit , die derb ist.

wieder im park, harken und erde,
satt und dunkel, bernsteinketten um
blasse haelse, unter schleiern der
weiden verkeilen sich rauhe zungen,
hunde eilen voran , von oben gefuehrt.
angstfieber bei den spielern, weil niemand
ihre leistung sehen darf.
im verborgenen die gespraeche
ueber mitgift und rechnungen.

der staat schnauft , blaeht die brust sich
auf, verteilt gold an die vasallen,
paarungstribut fuer seine absichten,
kreidebleich die lehrer, die an den tafeln
kriege treiben, bei kindern die schon
jetzt gefallen finden und sind,
reissen sich von den kleinen stuehlen,
die kippen, strecken die daumen nach
oben , unterzeichnen papiere.
die muetter werden in raeumen verkoestigt,
sehen durch halbdurchlaessige silberspiegel
ihren nachwuchs zappeln. tragen die
fruechte ihrer liebe bereits im koerper,
der schaumig vom gebaeren sich verschliesst.
pressgeburten , kaiserschnitte.
die zangen werden nur in heisses wasser
geworfen, die aerzte ausgeleert und
voller stolz, mit krebshaenden und
zigarette im mundwinkel.

wieder winde, die haeuser brennen,
pyromane und neurose kauern hinter
einem busch. teilen sich die krume ,
saugen sich fest. trinken warme
milch, um sich zu staerken.
springen in die nacken der spaziergaenger,
wuehlen dort ein loch und saeen einen
keim, bestehen nur aus wille.
legen feuer an sich selbst, streichholzatem ,
neurose gibt sich eine phenolspritze und
lacht keck durch die polarzaehne,
reckt die glieder. die frauen fassen
an seine fratze und fuehlen landschaften.
er legt die zungenspitze aus dem mund
und streut nur wuensche ,pastell und waerme.
sein alkoholverstand mag troesten,
doch pyromane entzuendet seine haare,
die eisblau wackeln, eine stadt
verwuesten, alsbald,

am rande beugt sich alter herr zu
einem kind herunter,
sein kinn faellt, als er am horizont,
die farbenspiele sieht.
zieht und schliesst
dann doch den reissverschluss,
legt hand um die kleine,
die marzipan verschluckt.
dann schauen beide zu dem feuer,
er aergert sich, dass er
sein geld verloren hat,
fuer suessigkeiten ohne sinn.

[pn]

vollaromatischer geschmack

musik fuer kaputte. so tun, als sei die freude da. alle schwitzen durch kaffeetrinken. halten sich aneinander fest.gnaedig die paare, weil es paarzwang in den koepfen gibt. so schlaegt jeder ein kreuz an die brust, auch wenn er nicht glaeubig ist.puppenhaende auf plakaten ueberall. puppenkoepfe. wir warten um uns aufzuladen. es enstehen pausen. nach einem bestimmten satz bleibt es nur zu schweigen. schauen darf man immer. in die augen faellt es ein. [pn]

160306

sklavengesetze in frankreich, so nennen die jungen ihre angst dort, schon werden vergleiche gezogen mit irgendeiner jahreszahl, die eine 8 enthaelt und dankbarkeit in alten augen flammen laesst. militant, nie wieder arbeit-schrei, anfuehrungszeichen oben.

der urlauber schlaegt die zeitung nieder, wie hiess die stadt im letzten jahr, ciuta ceuta? egal, der stacheldraht geht uns nicht aus. patrouillenboot am horizont faehrt trotzdem.

operation schwaermer, die bombenteppiche werden woanders geknuepft, die muster langweilen uns bereits oder schon.

rassentausch in amerika, hautfarben werden umgeschminkt. wie schnell finden wir einen spiegel, ums uns zu kontrollieren?

[pn]

der schreck

es gibt keine monster, sagt der vater und ist sich dessen selbst nicht sicher. er gewoehnt sich die manierismen im gesicht ab, er moechte ein jugendstilgesicht. mit der linken hand schaltet er das licht aus. das kind schaut ihn an, schliesst dann schnell die augen , weil der vater nur noch stimme und schatten ist. die tuer wird mit anstrengung geschlossen, sie ist zu gross fuer die zarge. am wochenende hat der mann mit werkzeug zeit sie zurechtzuschneiden. schlafe gut, sagt er in den bunten raum hinein und wundert sich ueber dieses angehaengte e an dem wort. es klingt so final. so sollte es nicht klingen. schlaf gut, wiederholt er. der vater schuettelt sich im flur, hoert sich selbst atmen. die bilder sind noch nicht aufgehaengt, braune umzugskisten, die jetzt grau sind in der dunkelheit. die buecherregale passen hier nicht mehr hinein. er laesst sich nicht die stimmung verderben. wieso magst du kein licht? fragt ihn das kind. er weiss es nicht. es wird wohl besser sein. jetzt ist die nacht doch da. er lacht, verschluckt die laute, muss sie im hals zusammendruecken, damit er keinen laerm macht.es soll doch schlafen koennen. das lachen kitzelt wieder im hals. aus der kueche holt er ein wasserglas, beim zurueckgehen tritt er nicht von der teppichkante herunter. er will sich nicht verbrennen, das waere ein schwerer fehler. der vater, er ist ein bisschen dunkel angezogen, legt das duennwandige glas an die kinderzimmertuer, presst vorsichtig ein ohr daran. er hoert nichts. mit einem finger kratzt er leise an das holz , erst vorsichtig, damit es aufwacht und zeit hat den schlaf abzustreifen, dann mit dem fingernagel unter den weissen lack. es soll beinah echt sein. er hoert das rascheln der gestaerkten decke, wie spitze ellenbogen den verschreckten oberkoerper stuetzen. der vater schlaegt jetzt dumpf und leise gegen die trennwand. von unten. rollt ein tiefes geraeusch aus sich heraus, scharrt mit den fuessen. ein stethoskop waere besser. er trommelt mit den fingerspitzen einen takt zurecht, bis er ein kleines weinen hoert. er sieht wie die decke ueber einen kopf gezogen wird, fuehlt das zittern bis in den korridor hinein. mit grossen weichen schritten geht er auf der kante in das bad. dreht dort die sanduhr um, die ihm die dauer des zaehneputzens zeigt. die buerste traegt gebissabdruecke, weil er sie oft lange im mund behaelt. als er im eigenen bett ist, wird er im schlaf in seinem traum eingesperrt. er steht in einem feld von winterweizen. blosse aehren, die in den himmel zeigen, in dem nichts ist. es ist kein ton zu hoeren. er hat hier keine schuhe an. das gehen ueber diesen grund ist ihm nicht angenehm. er wuerde gerne sitzen, doch ist hier nie ein stuhl zu finden. es gibt hier nichts zu tun, wie jede nacht. er wartet ab, bis es vorbei ist, bis er erwachen darf. am naechsten morgen laeuft dann die routine ab. doch diesmal ist es anders, der schwarze mann hat diese nacht sein kind gefressen. [pn]

notwendigkeit

sein name ist
splitter ringt mit dem engel
hochgewoelbt wurde sein herz
infolge einer schoenheit,
die er bezwungen hat.
nie sieht er eine bedrohung,
ist einsam durch
bestechlichkeit.

[pn]

nero & expose 1

nero ist an expose gelehnt. die zieht einen schlitten hinter sich her, die schultern verdreht, schaut in die falsche richtung. der schlitten ist einbildung, vielleicht hat nero wache gehalten, seine beine meiden den stillstand. exposes haar ist nass, sie schuetzt ihn, die schritte sollen ablenkung sein. sie waere gerne nuechtern, der schlitten hat sich verhakt. lass ihn stehen, schreit er, die dunkle kleidung schluckt ihn. sie hat etwas auf dem boden gefunden. in der handflaeche zeigt sie ihm eine batterie. er muss sich abwenden, sieht auf ihre schulterblaetter, sie hat sich umgedreht, nur eine atemwolke zeigt ihre anwesenheit. nero fragt, ob sie wuetend ist. sie verneint, geht ein stueck, schaut nichts an. eben in dem gebaeude hatte sie mit ihm reden wollen. nicht jetzt. nun hat sie seine blicke ausgehalten, will sich begehrenswert zeigen. nero verzichtet, sieht sie nicht einmal, er sieht einen behaelter. [pn]

marlene dietrich an der front

nahe der stadt nancy, der jeep saegt sich den huegel hinauf. dietrich haelt den kopf nach unten, das gesicht gegen die knie, die zaehne aufeinander. bei jedem erdloch hat sie angst blaue flecke auf das porzellan zu bekommen.die wollen nur zehn minuten ablenkung, sagte der von der armee, wenn die dietrich bei den jungs ist, kann es nicht so schlimm bestellt sein. grelle faustschlaege um das fahrzeug, es faehrt scheinbar im kreis. die tuer wird geoeffnet, selbst aus dieser schutzhaltung entsteigt die grosse frau, wie aus einer maerchenkutsche. schlanke stiefel aus kalbsleder treten auf dunkelgruenes moos. in der baracke ist es dunkel, zwei GIs halten wunderkerzen und eine flasche in der hand. der vorgesetzte zoegert, er weiss nicht, wie er sie begruessen soll. marlene trinkt zwei glaeser calvados auf leeren magen, uebergibt sich auf der toilette. das erste lied singt sie leise, ein akkordeonspieler begleitet sie. die maenner schauen durch sie hindurch, unrasiert. beim zweiten lied breitet sie ihre stimme aus, ein nachtvogel hat sich im tarnnetz zwischen den baeumen verfangen, bricht mit seinem geschrei hinein. sein fluegelschlag ist aufgebracht und trocken. schichtwechsel, die eintretenden sehen als erstes die zusammengebundenen haare der frau. eine frau. die dietrich beherrscht sich grosse bewegungen zu machen, sie kann nur einen teil der hoffnungen wecken. wer von ihnen ist selbst musiker oder poet? wer ist es nicht, der hier auch sterben wird. in diesem augenblick geht das licht ganz aus. jemand stoesst ihr einen finger in den ruecken. sie zuckt zusammen, wird hinausgezogen. am horizont sieht sie bunte kurze blitze und wundert sich ueber die ruhe. der offizier, der ihren arm haelt, sagt , dass diese uhrzeit nachtruhe heisst, selbst die haubitzen schlafen dann fuer eine stunde. sie gehen zum naechsten unterstand, im orangen himmel steht ein aufgetuermter cumulus.

die dietrich singt das naechste lied, die flasche calvados haelt der offizier hinter dem ruecken bereit. wenn ich gefangen werde, sagte marlene dietrich vor dem abflug, dann glauben sie nicht, was ich im radio sage. die zwingen mich dazu. davor und nicht vor dem tod, habe ich angst. der general oder sonstwer gibt ihr eine kleine pistole, nur symbolisch. die soldaten zwaengen sich zusammen, die dietrich steht in einem kreis voll sehnsucht nach ruhe. jeder moerder wird im krieg gesund. ein mann macht sich die zigarette heiss, gestern hats dem freund die lippen ausgerissen. solche kuesse hat die saengerin noch nicht gesehen. sie strengt sich an nicht wie ein eindringling zu wirken, sie bleibt drei tage, das sollen die soldaten nicht sehen, die staendig stahl umarmen. sich haende verbrennen am heissgeschossenen gewehr. sie wollen alles klar und deutlich sehen, jetzt die frau mit langen haaren, morgen den feind im birkenwald. infantrie, heutzutage ohne trommler und stolze pferde. draussen wird gehupt, das rote kreuz ist da, die toten aufzusammeln. leuchtraketen von beiden seiten markieren die waffenruhe fuer eine stunde. die dietrich raucht eine zigarette, spuckt die tabakkruemel auf den boden. sie sah hundert zuendhoelzer, die ihr hingehalten wurden. sie gab sich selbst feuer, um niemanden zu kraenken. tragen und helfer laufen fuer sie durcheinander. als sie sieht, dass zwei maenner am huegelrand mit fernstechern stehen und in feindesrichtung schauen, hat sie eine idee. die folgenden dreissig minuten legt sich ihre stimme ueber das feld und dringt bis zu den deutschen. es hallen mehrere schuesse der bestaetigung, als sie lili marlen singt. auch hier auf der anderen seite sammeln die soldaten ihre koerper wieder auf und denken an einen anderen ort. [pn]

andreas ems in der ubahn

ems kann es erst nicht glauben, aber dann erkennt er, wie eine dicke jugendliche mit kapuze an der eingangstuer steht und ein rohes ei trinkt. sofort sieht er die huehner aus kaefighaltung, als sie die schale absetzt und kleine blasen schaumig aus dem loch schlagen. [pn]

kurzfristig oder deutschland kauft den meisten kaffee

die leute wollen doch immer nur eines hoeren. das da jemand irgendwo sitzt und crack raucht und dabei beruehmt ist und dann wollen die da mitfuehlen auch ein wenig reich und beruehmt und ein wenig crack sein. cracksein, gut oder? cracksein. aber husten wollen sie nicht.

dann lacht er. K. hat die angewohnheit sich angewohnheiten anzulegen, wie andere leute kleidung. sein name darf nicht ausgesprochen werden. er hat sich einen ausgesucht. wikipedia sei dank.zehn millionen deutsche haben dsl, gut oder ? das internet ist total wichtig, ich koennte nicht ohne leben, oder? oder? halt den mund K. und hoer auf schlangenlinien zu laufen. wir gehen ins cafe. um uns herum trinken alle kaffeeeee. moeglichst wenig f und viel e, das klingt dann so edel. einfach besser, oder ? K. geht so dicht an den passanten vorbei, dass die ganz weiss werden. er traegt heute moenchsbraun. das ist seine bezeichnung. das soll seine farbe sein. er hat sich vorgenommen nur braune dinge anzufassen.

die studentin mit pferdezopf und schuerze hat muehe ruhig zu bleiben, als wir in der dreckshoehle [pietaet] ankommen. ich verstecke mich hinter einer zeitung, hinter der FAZ, nur als postmodernen witz. K. fordert mit gesenkten armen eine braune tasse. er insistiert.die kellnerin schaut sich zwar hilfesuchend um, jedoch interessieren sich weder ich, noch das paerchen in der ecke fuer die szene. ich mache innerlich die ohren zu. als ich am zeitungsrand vorbeischaue, sehe ich wie K. triumphierend mit einem glas zurueckkommt, das in braunes papier eingewickelt ist.gleichzeitig wirft er eine packung braunen zucker auf den tisch. in seinen augen verschwindet die ueberzeugung. er erwacht kurz.jetzt habe ich vergessen dir einen kaffee zu bestellen. er setzt sich. hinter der theke ist niemand. vielleicht weint die studentin jetzt ? bestimmt nicht. vor dem fenster gibt es nichts zu sehen ausser einer portemonaie-verloren-der-finder-zoegert-kurz-dann-laeuft-er-dem-besitzer-hinterher-szene. die kellnerin kommt durch die kleinen fluegeltueren auf mich zu. kein quietschen, sie fragt mich, was ich haben will. sie duzt unverschaemt. als strafe suche ich rote heulaugen bei ihr. gesellschaftslaecheln, ich bestelle einen kaffeeeeee. das synonym fuer kultivierte langeweile.
K. und ich sprechen kaum miteinander, starren auf das stueck asphalt, zwischen haeuserwand und cafefenster, auf dem beine und koepfe laufen.

[pn]

schlechtes denken & benehmen

frueher habe ich aschenbecher geschenkt bekommen, dann gab es sonnenbrillen. jetzt warte ich auf veraenderung. die frauen stellen sich mit dem ruecken an die heizung und versuchen sich zu waermen, drehen sich, so dass vorder und rueckseite aufgeladen werden. es ist nicht kalt im raum. schnitt. irgendjemand zieht die flugzeuge vor dem fenster empor, es droehnt im minutentakt. hast du noch nie ein flugzeug gesehen? der fragende muss sich aufhalten, er darf sich dabei nicht am kopf kratzen. das sieht dumm beim fragen aus. ich sage, nein, habe ich nicht. mit dieser antwort haben wir beide nicht gerechnet. das gespraech scheint zu verebben. es tut mir leid, wenn ich heute nicht gespraechig bin. [ wer sagt oder denkt das? ] wir trinken tee oder kaffee, oder beides. seltsam, dass ich die zigarette alleine rauche. ich wuenschte es anders. gleich vorbei. ich begleite sie zur tuer, wir stocken in sprache und bewegung, als sei das videoband schon alt. es wird auch immer wieder ueberspielt. du sitzt seit langer zeit nicht mehr vor dem fernseher, die fernbedienung ist kalt. du bist schon hinausgegangen. [pn]

andreas ems im baumarkt

E : ems
V1 & V2 : verkaeufer

ems sucht etwas, er steht bei den saegen.

E : haben sie eine mit kleinem, wie heisst es, zahn ?

V1 : warten sie, ich hole einen kollegen.

ems wartet, ein verkaeufer mit brille tritt an ihn heran.

E : mir wurde gesagt, dass ich mit dieser saege auch duenne eisenrohre schneiden kann ?

V2 : damit koennen sie selbst knochen saegen.

E : wie meinen sie das ?

V2 : robust. fuer 2.99.

E : sie wollten doch noch etwas sagen. wie koennen sie jetzt gehen? nachdem sie soetwas gesagt haben?

der verkaufer geht. manchmal verlaesst ems der mut.

[pn]

arvo paerts wiederholung stoert nicht

doppelrahmstufe. sie muss es sich verkneifen auf dieses wort zu sehen. die streichbewegungen sind ausgewogen, nicht sparsam.die scheibe weizentoast muss ganz bedeckt sein. auch am rand. das gewissen fuehrt ihr die hand, wie bei nutella. sie giesst milch in ein glas, haelt es gegen das licht, da sie einen schmutzrand vermutet. sie hat sich getaeuscht. wo kommt eigentlich die ganze milch her? sie haelt die scheibe, die sie so schon hundertfach hielt einen augenblick fest. wenn alle jetzt ein brot essen? sie zaehlt an der hand ab, laesst es sein. der toaster knallt die brote heraus, wirft eine scheibe auf den boden, als wolle er, dass sie sich buecken muss. sie lacht, die letzten konnte sie nicht abwarten. hat mit zwei fingern gegen den hebel gedrueckt. kurz mit ihm gekaempft, den widerstand gefuehlt und ihn erbrechen lassen. mit der einen hand ruehrt sie die sosse um, giesst die kartoffeln ab und stellt den ofen um siebzig grad herunter. [pn]

disko

lachfalten um ein schlankes bajonett. am finger ein pflaster. frauen in rockwellen, die sich anbieten. nur einem unbekannten , der sie verstoeren kann. ansonsten sind sie lebendig, schlagen die beine aus, weil sie gehen. jeder trittschallgedaempfte schritt fuehrt zu einer begegnung. jedes umschlagen des getragenen schals, mit einer handbewegung, die troesten soll, bleibt reine geste. es wird nicht kaelter in dem raum, nur stickiger. die personen atmen ihren rausch nach dramen, kuehlfluessigkeit fuer unumgaengliches verhalten. die sorgen in balance. greifbare schwaechen, die zu tugenden verwaessert werden. das annaehern ist gewaltakt.haltungen bleiben, obwohl die menschen gegangen sind. an den wasserflaschen erkennt man die gier nach leben, ohne das wissen um den grund. wir erteilen uns mit nickbewegungen verstaendnis und entlassen aus den augen den glanz der morgenroete. [pn]

mouches volantes

im zweifelsfall in den irrgarten gehen, welch eine direkte beschreibung. ich streife nur so durch die stadt, in der hoffnung dich zu finden. es ist erschreckend heiss, dies ist etwas , was ich fuehlen kann. dessen bin ich sicher. ich habe weisse waende geliebt, jetzt habe ich sie satt, weil ich darauf meine muecken tanzen lassen kann. wieso ich dies erwaehne, weil sie nicht gehen wollen,sie zwingen mich zum augenschliessen, zur krummen handlung, zur einfachen tat. die kranken augen wechseln nur die kranken ohren ab, sie haben sich geschworen mir etwas zu zeigen, einen oder zwei punkte auf die welt zu zeichnen, damit ich erinnert werde, an meine lebensweise. affektorientierung, als sei eine oper abgebrannt, haette ihre ueberreste stehenlassen, eine kultur , die sich von maschinen ficken laesst. neben mir streifen sich die maedchen die haare aus den gesichtern, alle hoehnen sie mich an, beweisen mir, dass sie ueber mich herrschen, weil sie bedrohlich weit weg sind, nach beruehrungen gieren. in meinem kopf senkt sich nicht nur der glaube, sondern die hoffnung. suendenpfuhl, in konzentrischen kreisen gehe ich, scheinbar auf einen kern zu, doch im augenblick scheint der weg in die entgegengesetzte richtung zu weisen. ich habe dieses konjunktiv satt, die wandernden augen. die schluckbewegungen des kehlkopfes , die suche nach dir in einem fremdgewordenen stattdir. wenn ich meinen namen sage, fallen die zeiten ueber mich her, jemand hoert mich an, ich bin kurz froh, dass die augen klar sind. ich werde den weissen winter hassen, die kaelte wird mir die glaskoerper der augen haerten, in einer merkwuerdigen toleranz. ich sitze still und schaue mich um, rieche den zwanghaften zug, die spaltung in meinem charakter, weil die wuensche gestorben sind. soweit darf man nicht gehen, denn es kann nur in zerstoerung fuehren, wie jede sekunde entsteht, sinnlos schwingend. der suchtgedanke, das potential zur freiheit, die idee sich eine eigenschaft zum feind zu machen, phobie oder stoerung nur ein mittel der gestaltung. in einer welt wo die normalitaet der absurditaet gleicht. nur kein hungergefuehl, sich in den spiegel hineinstellen und den speichel bitter finden, den bauch eingezogen, die haare im gesicht, fehlverhalten in der stuetze, nach vorne gebaut das rueckgrat, weil die blicke gesenkt sind auf den asphalt. so geht man den kirchengaengern hinterher, die pfluege ziehen. es ist schwierig, alles baustelle. gleichzeitig halt. die konzentration schwindet, bewegliche kameras studieren uns, folgen als mechanische puppen. kleist wunderte sich, es fehlte ihm der abstand zu sich selbst. deshalb folgte ihm eine frau und zeigte ihm, was liebe genannt wird. in das chaos hinein, dort wo er die glieder an stricken tanzen sah. das wissen um ein gewissen, im griff der moral gefangen wird die tat zu einer geste, die unverstanden bleibt. es werden ebenen montiert und gefunden. abstraktionswuensche in einer blockierten welt. es stinkt nach petroleum in den strassen. ich sehne mich nach den gaslaternen zurueck, globalisierungkrieg in der sicheren zukunft. die staedte im neonlicht nachts erstahlen lassen und im schmutzigen morgenlicht vermischt das elend zeigen. dies ist unser plastik, das trage ich im mund. nur in der liebe sind die mittel frei, im krieg schon lange nicht mehr. in den haenden der passanten um mich herum strassenkarten, die an die orte fuehren, die lebendig eingemauert sind. in einer starre fuer immer tourist sein. man moechte das wort bild und inhalt nicht mehr in den mund nehmen. die gasse fuehrt in die interpretation, aus der es zu viele auswege gibt. die intelligenzia stirbt heute nicht mehr aufgrund der falschen politischen coleur, sie wird nicht entfernt durch unfreiheit, sondern durch zu starken antrieb, eine geschwindigkeit, die sie zerreibt und untaetig macht, wie einen verwundeten, der im bett gefangen ist, dem die sinne schwinden. es kostet viel das weghoeren und zustechen, zu bett gehen mit der richtigen erfahrung, ich befinde mich in der metabolischen windstille, die tabletten treiben mich voran, wie ein illegaler motor in einer bucht, wo nur segel im meer stecken. klavierstimmer gehen an mir vorbei, ich lege ihnen die berufe ueber das gesicht, diese papiere, nur pergament, sie reissen ein und zeigen die pest, weil ich diese sehen will. [pn]

90-60-90

blaesse. alle sind an diesem abend an eine saeule gelehnt, verschwenden sich, waehrend eine rolltreppe nebenan geraeusche von sich gibt, als sei sie etwas besonderes. auch die maschinen haben einen trockenen stolz. wo figuren in maenteln noch grosse gesten machen, sind andere in einer wegbeschreibung verfangen. auf der rolltreppe dehnen sich ihre gelenke. ich schaue mich um, die ubahnstation ist ein schlachthaus mit gruenen kacheln. wir haben eines gemeinsam in dieser nacht, wir wollen nach hause. die buecherschlauen und die mit den ellenbogen. der alkohol oder das leben macht muede. sind wir die bewohner dieser stadt, auch abseits der gleise auf festen schienen montiert ? beim sprechen nur manchmal im geist einen satz wiederholen, einen gedanken vorbereiten. stattdessen bestimmungen suchen, nase ruempfen, scheinbar wissen, was man macht. die angst aus gedanken von anderen zu bestehen, rekombinationswut erlauben, zwischen lust und unlust pendeln. hast du das in der zeitung gelesen ? hoer auf damit.

[pn]

lass uns hunde suchen, die das auffressen

die depression schluckt ihre kinder. ich, als archetyp, wir schlendern so herum, alles glueht, produkt in meinem kopf. die anderen kichern, frueher noch kokosoel in der nase von ihren haaren, die asymmetrisch in ihre gesichter fallen. straehnenbombardement. ich, erfolglos auf tranquillizern, gefangen auf einem boot. klandestine versuche sinn herzustellen, nach etwas zu lechzen, sorglosigkeit ist beachtenswert, deshalb scheue ich die arroganz mehr und mehr. verklebt im inneren, die deutungsversuche bleiben die eines irren, selbstmedikation. so krank dass selbst der rhythmus der tabletten reinigt und erhaben wirkt. als mensch schon in eine apathie getaucht, die man selbst erschafft. windlichter werden abgerissen, kuerzere tage. sonnenstuerme. kohlendioxid an den fenstern, kinder malen fratzen hinein. wenn gesprochen wird, dann nur im passiv, die stimme seltsam entfernt und hohl. der zustand schwingt offensichtlich mit heraus. klappstuhlsymptomatik, als waere das fass schon uebergelaufen. keine parks bedeutet keine spaziergaenge, keine strassen, heilung durch fortschreiten, dazulernen. die haende schoen schwach, werkzeuge der muedigkeit. der weg, der fuehren laest. die handlung wird zum klischee, der untergang dann eine feier. kampfeslust und zornesroete. kopfstand, damit das blut in den schaedel laufen soll. plastikbezuege, sogar die worte trichteroeffnungen, aus demselben verstand entsprudelt der kern der krankheit. wozu der wunsch nach auferstehung, wenn die heilung selbst praemisse wird und ohne anstrengung gefordert ? dies bedarf einer kontrolle des gesichtsfeldes und fuehrt hinaus in kantenverzerrte wirklichkeit. [pn]