seine augen sagen: jeder verzicht stuende mir besser. die traenensaecke liegen schwer in den augenhoehlen. wimpern stehen ab, wie latten aus einem ausgerissenen zaun. er fragt sich, ob es nicht zu heiss ist, um die sprache zu verstehen, die hier in der ubahn gesprochen wird. die gruene jacke passt zu seinem teint. viele sorgen hat er in den taschen , ausgebeult haengen sie herab. eine frau, die hinter ihm steht, sieht die herausragenden wirbel in seinem nacken, die linie, die seinen hals an den sitzstuhl bindet. gort hat die stirn zu oft gerunzelt. in diesen falten steht der schweiss, wird weggewischt mit einem taschentuch. er haelt es in der hand. an seinen fuessen steht die tuete, gort ist schon immer gerne kaeufer gewesen. sorgsam stellt er den gelben pvc-sack hin und her, rangiert, wenn andere beine aufstehen und sich strecken. gort schaut nach draussen an ein eufeubedecktes eckhaus, sofort will er schon schlucken, da ist bereits etwas in seinem hals, das ihm in den magen rinnt. die speiseroehre wird zum fahrstuhl, der saeure oft nach oben faehrt. tuechtig schaut gort dem krankenwagen hinterher, den fahradfahrern mit beschaltem kopf. auch den frauen, die in abendkleidern muede zu geschichten ihrer maenner nicken, sich wie verzweifelte durch wuerfe mit polierten messern gluecklich machen. gort weiss sich keinen rat, als alles anzuhalten und vermutungen im kopf zu lassen, die wild sind, obwohl sie erst zahm geboren werden. er legt die zunge im maul auf die andere seite und streicht ueber seinen bauch. jetzt faehrt die bahn noch schneller, versprengte baeume sind im boden eingesteckt. die strasse ist gesaeumt. gort legt das wort laechelnd im kopf zurecht. deckt es zu, als muesste er eine frage beantworten : der gegenstand heisst allee. [pn]
die absicht balanciert vorsichtig auf dem tau der taten,
wozwischen ist es gespannt?
[pn]
Datum: November 8th, 2006
Kategorie:
fragment
Schlagworte:
kritik
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ich muss schreien, weil er weiter auf die leiche schiesst. er hoert nicht, reisst sie einfach entzwei. zittert schaumig, schaut in den horizont, will dort etwas festhalten. als schuetze kneift er die augen zusammen, verlagert die tiefenschaerfe. das hat er geuebt. das zittern nicht. ich schlage ihm auf die schulter. neben uns hebt die artillerie keller und graeben aus, hier werden keine haeuser gebaut. soldaten laufen ineinander, wie eine tuer mit fluegeln, dahinter raum an raum gehaengt. in jedem dieser raeume hat der soldat einen stuhl gestellt und schaut sich auf der leinwand eine szene seines lebens an. viele gehorchen, alle gehen durch eine phase, fast jeder hat ein bild gewaehlt, auf dem er nicht alleine ist. [pn]
sei nicht neugierig auf meine schmutzige kleidung. der zuckermann ist mitte fuenfzig, schiebt einen kinderwagen vor die ampel. dann kippt er seinen kopf wie ein vogeljunges nach hinten und laesst zucker auf die zunge laufen. zweimal hintereinander vollfuehrt er einen schrittkomplex, legt den kopf erneut nach hinten, der aufgerissene portionierte zucker faellt in ihn hinein. viele lachen ueber seinen hunger, schauen mit sorge auf den kinderwagen, verschlungen in der angst, er koenne das kind vergessen, wie einen gegenstand. zuckermann steht jetzt auf dem zebra , frueher gab es ihn hier, jetzt nicht mehr. zebrastreifen gibt es selten. autohupe. der zucker gaert in dem mann, sein wanst schaut aus der hose hervor. der muss doch schmutzig sein oder dumm oder faul oder geizig. viele koerper stecken in dem mann, gedankenketten, er weiss vielleicht nicht um den ballast auf seinen schultern. er ahnt etwas, mit ihm kann man kirschen essen. bei diesem schlemmermaul beisst nur der zucker loecher in die wangen, dort wo ihm die gesichtshaelfte pocht beim fragen oder vorangehen. wieder herzliche blicke. penner ist doch ein amerikanischer nachname? der deutsche lacht nur um zu vergessen, nicht um zuzulassen. [pn]
links saeulen aus stein, zu weich, es muss beton sein, rechts baeume, ich kenne die sorte nicht, weil ich nicht anwesend bin. stiefel auf der gelben strasse, sie haengen an ihrer geometrie eines merkwuerdigen schrittes, zu fest und entschlossen. dies ist eine armee, fluestern die leute sich zu, doch jede saeule bietet nur platz fuer ein versteck, dass sie sich hin und herstossen in den blick des aggressors, so schnell, es faengt zu flimmern an. [pn]
reinigungsmittel. soviel flur , eigentlich nur sechs lange meter. grosse fliesen in kreisrunder bewegung buersten. das wasser grau machen, die ellenbogen daempfen. haare sind nach hinten gebunden. der henkel von dem eimer reisst demnaechst ab. es sieht so aus. die frau traegt eine neue blaue jeanshose. der diplomat tritt ein. er achtet auf seinen gang, die trocknenden stellen zwingen ihn zu einer absurden abfolge der schritte. er kann sich einen blick herunter nicht verkneifen, um folgendes zu sagen:
„gnaedigste, ich kenne sie nicht. aber nehmen wir an, ich wollte raum fuer eine seele schaffen. dann sagte ich zu dir, liebende duzen sich haeufig: ich finde einen undatierten brief von dir. deine sprache ist klar und schoen, ich lese ihn als erhielte ich ihn gestern. er verwirrt mich so sehr, dass ich angst vor ganzen saetzen habe. merkst du nicht, dass alles zerfleddert? als die kriege groesser wurden, wuchsen auch die dummheiten in uns. sie wachsen immernoch.“
sie schaut nicht hoch, als sie ihm antwortet und putzt dabei um seine schuhe herum: „ja.ich kenne dich.ich sehe dich in unserer wohnung.die maler sind da und treten auf den teppich. die ersten zoegern noch, dem rest ist es egal. unter den schuhen verschmiert die farbe jedoch nicht einheitlich. selbst der routinierte aesthet kann in dem muster kein ideal finden oder der situation eine schoenheit abzwingen. es ekelt dich fest, obwohl der teppich alt ist und die haeuser bald abgerissen werden. du wunderst dich ueber die sorglosigkeit der anwesenden und die enge deiner eigenen scheuklappen. beim wegdrehen streichst du dir einen faden von der schulter und gehst in den nebenraum. im tuerrahmen trittst du nicht auf die schwelle, du schliesst die tueren, bis auf einen spalt, so willst du sehen, wie die maenner lachen und arbeiten. ein flur wie eine promenade, grosse panoramafenster stehen offen und zeigen dir ein immergruenes tal.“
nachdem er kurz gezoegert hat, laechelt der diplomat und geht zufrieden ueber den frischgewaschenen boden. bevor er die tuer bis auf einen spalt hinter sich schliesst, stoesst er den eimer lautlos um. er bueckt sich sogar leicht dafuer. [pn]
an der seite ihrer beine, schmale dumpfe gegenstaende. handschuhe oder pendel? die fuesse stecken in stiefeln, plastikhaut statt leder. zelle, die nicht schuetzen kann, trockenes gedaechtnis. im hintergrund schuettelblitze von photographenhand zerstreut. durch das oberlicht erreicht die netzhaut den vollen umfang. blicke sind wunsch nach granit. in der halle werden an kleinen tischen bistrobrote aufgebrochen, aschenbecher liegen daneben, wollen beschaeftigt werden. die angst vor der raummitte fixiert die eintretenden, zerrt sie an die monitore. interessenlos, tafelbespannung mit besten menschen, griffe zum telefon oder an den kopf. am rand rutschen vorsichtige an der wand entlang, fallen in ein cafe, in heissgetraenken schwimmt ihr schaedel. trillerpfeifen, die grundlos zurechtweisung erteilen. keine eindringlinge zu sehen, die schaden, also muessen die heiligen bluten. alle um mich herum sind an der basedowschen erkrankt, suchen zucker fuer den schonkaffee. stummel im mund, beim setzen aechzt nicht nur der stuhl. gratiswasser bei jeder drehung, mir gehen die schuhe auf beim treppensteigen. ich will keine neuen bilder fressen : langsam lecken sie hintereinander den schaum von langen loeffeln, als warteten sie darauf gesehen zu werden. [pn]
gier zwischen den steinen, darueber in das gruen geworfen, eine bahnstation. ihr name zu belanglos. koffer stehen herum, dicht bei den beinen der besitzer. hier wird schon nichts geschehen. die schienen glattgezogen, wie eine taeuschung, verjuengen sich im punkt des schaerfsten sehens. anwesende erhoben auf der plattform, unter ihnen einen meter tief eingelassen, stahl, der strom fuehrt. eine parallele. kein grund sich hier zu wundern. bloss im moment, als der zug einfaehrt und die bremsscheiben nach schweiss stinken. rasch oeffnen sich die pneumatischen tueren, die passagiere steigen ein. dann sehen sie, dass die gleise sich erheben, fuehren in einer steigung in die hoehe, ganz ohne berg und ohne saeulen. der zug faehrt an, zieht an den nerven, drueckt auf die trommelfelle. schraege position, der koerper wird jetzt zu einer last. die reisenden, in ihre sitze gepresst, erleben und sind still. sie werden wohl wissen, dass es sein muss. gepaeck faellt zum ende der waggons, funken schlagen vor die scheiben. die landschaftslinie ist eine diagonale. das geraeusch wird forderung, die lichter fallen aus. durch die fenster dringt ein luftzug. die ersten schreie, orthogonal zur erde, haare durcheinander, kleidung zerwirbelt, gesichter werden fest und hoerig. familien werden langsam, kein ausstieg ist mehr moeglich, geschwindigkeit im zuwachs, schienengleiten, wieder stille. verblendung, die luft wird duenner, selbst das geld ist nun sinnentleert, meter um meter, das steigen wird zum fallen, ein bogenstrich ueber die geigensaite, virtuos. eine person im publikum verzieht ihr gesicht. [pn]
richtfest, abgebrochene zeilen, kein aztekenreich. zappelnde fuesse, film noir. in die nacht hinein, aus ihr wieder heraus. so folgsam und gebrechlich. beilaeufig wird dies rhythmus genannt. im wagen mit abgebrochenen fluegeln, am kragen zusammengehaltener samt. der nach oben gestreckte kopf faellt hin und wieder an die fensterscheibe. der anzug ist nicht billig, aber von der stange. an den handgelenken gleich mehrere uhren. traurigkeit wird darin eingeschlossen. eine frau fragte mich am vorabend, ob ich nicht lieber nach hause gehen moechte. selbst sie sah die langeweile. ich haette meinen mantel mitnehmen muessen, der sommer verkriecht sich in einem abgelegenen winkel. die erde dreht sich von der sonne, jedoch bleiben informationen nicht stehen. peinlichkeiten vermeiden, keine gleiche vergegenwaertigung oder verweigerungshaltung. eine optik, dieses sich zuegeln muessen und baendigen. doch die triebe gaeren weiter, die stille haelt nicht lange vor, erzaehlt nur in stuecken eine sinnvolle geschichte. hier ein kompliment und schon folgt ein zoegern, der alkohol enthemmt, schafft lange ruheperioden in denen man nichts tun muss, nur die existenz ertragen. fiktion verwirrt, sie schafft einen schoenen palast, dass die gedanken ihr nicht folgen wollen. sind die schuhe richtig ? die koerper sauber, der richtige gesichtsausdruck gewaehlt? mit formen und vorlagen in eine gesellschaft hineingepresst, aua, ha ha, die keine ziele hat und nur vom schwindel leben will. ein boot, ein hintern, ein fingerzeig. fuer diesen gibt es nicht genug haende, nur loecher, durch die das weisse wasser rauschen kann. ein seufzen, eine quaelerei spaeter und es kann befriedet werden, umgeschaltet, eingedreht auf eine andere frequenz. hier geschieht nichts, schreien die menschen. dabei zittert um sie herum die welt. unsere laute ergeben manchmal sinn, doch zu oft verstopfen sie die ohren und bilder stanzen uns die augen krank. zuviel bitterkeit? in friedenszeiten geraet die stabilitaet ins wanken, weil der verzicht auf gewalt nicht dynamisch genug ist und ersetzt werden muss. wo die moral nur subjektiver machtkampf ist, wird projiziert und ungeduld gestaltet. so fallen selbst die krankheiten noch auf, klammern sich an und klingeln beinah wie musik. dissonantes haendefalten, kopfschuetteln von einer verblassenden intelligenz. noch wird das licht nicht ausgemacht, wenn schwadrone wie zecken ueber fremde staedte fallen. der standard faellt, reizschwellenangst, sogkraft und revolte. die gaeste in der bahn teilen sich die worte, es ist schon trueb und wolkenlos geworden, ein pressen auf die schlaefen folgt. nichtakzeptierte, die sich den transport und die leiden teilen. durcheinanderfallen. fremde, die sich schlagen. vorteilsgedanke und wahnleib umkreist die stollen, die schon eingestuerzt sind.
vor hundertfuenfzig jahren gab es die angst lebendig begraben zu werden, dann die bedrohung durch den erstschlag. der fallout fiel imaginaer im geist. jetzt opfern sich alle punktuell, werden zu bienen und hornissen. mit jedem schluck steigt die gefahr den stachel im mund zu spueren, zum beispiel an einem sommertag. [pn]
die zeiger, zeit, dein zerebrum [ mit c , idiot] , zellophan, zielsetzung, zorn, zyste, zwingend, zungenkuss, zellebrieren, zerdruecken, zerren, zierde, zentrum, zirkulation, zerkratzte hand.spielflaeche, raum zum greifen, entfernung im metrischen system, zone, einst und fordernd. jetzt bloss ein wurf ueber die schulter und zeitverschwendung. [pn]
Datum: November 3rd, 2006
Kategorie:
fragment
Schlagworte:
gedicht
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ein zeitalter, das wuensche nach amputation produziert.
zuviele koerperteile,
eine englische frau moechte als torso weiterleben
und
irgendwo ein rohstoffkrieg.
wickert verspricht sich dabei zu oft.
pah , keine empoerung.
shakespeare hat recht,
dieser platz ist eine buehne.
die roecke rot, wie die lippen,
die herzen kalt, trotz klopfen.
beides hat signalwirkung.
[pn]
Datum: November 2nd, 2006
Kategorie:
fragment
Schlagworte:
gedicht
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auf der strasse, zwischen dem rauch, keine anzeichen der gesellschaft, die tuer de wagens steht offen, die frau sitzt schraeg darin, nicht auf der suche nach einem ausweg, sondern nach einem grund. wir sind weit entfernt, so sehen wir die zuschauer. besser fuer die feuer, die im hintergrund zuenden. einen telefonanruf spaeter, sie ist erregt, hat eine allergische reaktion auf der lippe. im rueckspiegel sieht man eine ampel, die orange bleibt. naiver asphalt, kirschenhagel, es regnet hinein, auf ihre haut. in das wageninnere, radiorauschen, sie streckt sich in den beifahrersitz, geniesst die kruemmung der wirbelsaeule. der atem wird flach, mit einer duennen kanuele leitet der kapuzenmann kohlenmonoxid in den wagen. er traegt sie, weil er mager ist. so duenn, dass er sie ziehen muss. ins feld, wo der weizen noch gruen ist und keine zeichnung hat. ausgefressen eine schneise, er laesst den motor laufen, schneidet sich an den halmen. er schliesst die tuer, weil es jetzt schneit. [pn]
heute morgen erwache ich von kettensaegengeraeuschen. sie faellen die baeume um das haus. da hilft es nicht zu heulen, etwas von den aesten einzusammeln oder die stuempfe mit moos zu bedecken. eine folge: postbeamte werden gierig werden, weil sie nicht mehr durch die schatten steigen muessen. der himmel von uns bevormundet durch entfernung der kaelte. die zusammenhaenge werden ergaenzt und fuesse in zu kleine schuhe gezwaengt. der blick bleibt jedoch erhaben. spaeter an der haltestelle ein beweis : sie ist noch sehr jung, vertraut scheu auf ihre wirkung. vulgaere, nach aussen getragene schoenheit – anscheinend gibt es keine kompromisse zwischen unter und uebertreibung. [pn]
durch die gitter. die hosen sind zerknittert, so profan. zeitleistenbewegung in der schonzeit. mit hochgesteckter brille. die gesittete dame, die sich befreit, indem sie laut flucht und das wort scheisse sagt, schnell und passend. [pn]
Datum: Oktober 24th, 2006
Kategorie:
fragment
Schlagworte:
gedicht
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von den balkonen, die angeheftet sind an die fassade, in der er wohnt, regnet es gegenstaende. dahinter ein raum, die anderen nennen es zimmer, er muesste es sein zimmer nennen. weiter : obwohl er das wort regen nicht mag und in diesem zusammenhang auch nicht benutzen wuerde, schwenkt er seinen arm ein. er moechte nicht weit werfen. keine rekorde, er moechte niemanden treffen, es gibt kein ziel. er tut es aus angst. er findet kein besseres wort dafuer. in diesem raum liegt er dann, wach ist er oft, er legt sich aus vernunft nieder. musik ist ihm wichtig gewesen. wenn er ueberlegt, weiss er, dass er sie vergewaltigt, hoert die stuecke kaputt. sein arm ist wieder ausgestreckt, horizontal, er ragt ueber die matratze , wie ueber die bruestung. er legt den kopf an sie, wenn sie bei ihm ist. er wirft die gegenstaende und schliesst die augen. er schaut nicht nach unten, weil es selten ein geraeusch gibt.
die farben kennt er, weil er im bett aus dem fenster schauen kann. sie ist stumm, keine prostituierte. seine grosse liebe, sagen vielleicht die nachbarn. im alleinsein bleibt er im raum stehen, sagt stundenlang kein wort, damit er seine stimme vergisst. es hallt, blech steht in der luft, gitarren in seinem raum. er ist wieder auf dem balkon. die stimme, sagt sie und dreht sich weg, ist das wichtigste fuer mich. ich drehe mich und du kannst beweisen, dass du noch da bist. er denkt: sie ist bei mir, die suesse. der kaffee macht ihn wach. er trinkt ihn und schaut nach draussen. nachts schreien katzen dort. vielleicht ist es nicht bedeutend, sagt sie.
die tuer klemmt, er geht nicht gerne hinaus. dort ist so viel, das kann man nicht alles hochtragen. auch wenn man moechte. er denkt nicht ueber den willen nach, er laesst ihn pochen und den arm bewegen. der bewegt sich schon von selbst. sie geht, obwohl er noch etwas sagen will. das wort bleibt in ihm stecken, er findet kein besseres. sie steht auf. schlank bist du, sagt er und zeigt auf die bruestung. ihre blicke treffen sich nicht mehr. sie bringt immer etwas mit, das kennt er, auch wenn er vergessen hat, dass die zukunft bald kommt. gleich stemmt er etwas hoch. die luft schneidet ihn, will nicht recht in seine lunge passen. dieses mal gibt es ein geraeusch. er erinnert sich, hinkt zurueck und sieht, dass sie fort ist. er wird nicht herunterschauen, er schliesst die augen. schwarz.
[pn]
der anstaendige deutsche vor gericht beginnt beim luegen glaenzende augen zu bekommen. vor dem eigentlichen schweiss tropft ihm eine einzelne perle vom gesicht. er zweifelt beim holzsammeln an den gruenden fuer die scheiterhaufen. dann legt sich ihm ein lied auf die lippen, ganz wie von selbst. [pn]
Datum: Oktober 22nd, 2006
Kategorie:
fragment
Schlagworte:
gedicht
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die wohnung ist rechtwinklig geschnitten, wie das brot, welches grossmutter auf dem holzbrett schneidet. sie streicht die butter dick auf die scheibe, auch wenn calvin schreit, er koenne nicht so fett werden. sie zieht den ihr unbekannten namen beim rufen in die laenge. caalviiiin, drei brote sind fertig! sie leckt ihren finger ab, legt den aufschnitt in den kuehlschrank zurueck. das radio spielt einen schlager. es ist laut aufgedreht.
calvin hoert die grossmutter rufen, schaut mit erwachsenem blick in sein zimmer. jedenfalls stellt er sich so einen aelteren blick vor. er weiss nicht, dass menschen ihre innere integritaet vergessen, die tatsache, dass sie in jedem lebensalter nicht nur sich, sondern auch ihre probleme ernst nehmen. wieso schauen sie dann laechelnd auf die kinder und streichen ihnen sacht ueber den kopf, wenn sie sagen, dass es keine monster gibt, wenn sie das licht loeschen.obwohl sie genau wissen, dass sie luegen. calvin ist elf jahre alt, er mag die wurst nicht, die seine oma auf die brote legt. er glaubt, dass sie immernoch entzuendete augen hat. calvin ist zu besuch. er schaut wieder in sein zimmer. grossvaters kleidung haengt neben seiner jacke in dem weissen schrank. zeitschriften liegen auf dem bett. er geht zum spiegel, sein bild fasst an die roten haare, an die eigenen.
die frau in der kueche trinkt einen brennesseltee. ihr ist unwohl. sie hat das beduerfnis zu rauchen, obwohl sie es vor zwanzig jahren aufgegeben hat. ihr mann ist an lungenkrebs gestorben, an einem donnerstag. sie kann sich ihre nervoesitaet nicht erklaeren. hinter dem fenster geschieht nicht viel.
calvin dreht den schluessel im badezimmer um und spuckt in das waschbecken. von der ablage nimmt er eine deoflasche herunter. sie ist kuehl. er zieht die socken aus, bevor er in die duschkabine steigt. calvin leert das deodorant im hocken aus. das zischen riecht suess und schwer, stumpfer nebel steht in der kabine, dringt in den jungen ein. calvin atmet tief und ruhig, inhaliert, spuert das abgleiten. es aehnelt dem zucken beim einschlafen. ploetzlich spuert er bitterkeit. in zehn tagen stirbt sein hirn im staedtischen krankenhaus, zwoelf strassen weiter.
[pn]
Datum: Oktober 20th, 2006
Kategorie:
erzaehlung
Schlagworte:
gewalt
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tunnel und lichtkegel wechseln sich ab, dopplungen von worten sollten vermieden werden. es folgen leichte sommeranzuege aus duennem stoff, die spazierstoecke sind daheim an die wand gelehnt. am morgen hat ernst zwei eimer kohlen aus dem keller geholt, schwarzfettige haende gewaschen. selbst jetzt im sommer ist es in der hellhoerigen wohnung kalt. jetzt sitzt ernst in der strassenbahn, die pferde haben diese nacht gut geschlafen und vor kurzem die futtersaecke geleert. beschlagene hufe schlagen auf den teerboden. im wagen riecht es schnell nach fisch, papiertueten liegen in der mittagszeit auf den oberschenkeln der passagiere, kleben an den hosenbeinen. das fleisch ist zu frisch, entlaesst den rosa saft. die leeren haende werden gefaltet, ernst haelt sich aufrecht, er muss heute den gemeindevorsteher sehen, ernst traegt einen brief in der manteltasche, nach dem er ab und an fuehlt und eine ecke des zitronengelben umschlags betrachtet. am exekutionsplatz steigt niemand aus, hier hat die polizei ihre eigenen reitstaelle. es wohnen kaum buerger in der umgebung. die ulmen haben an den strassenraendern aufgehoert zu wachsen, als haetten selbst sie den toten boden verstanden. auch die pferdekoepfe schlagen aus, dass die bahn auf den schienen davon zittert. ernst verlaesst an der naechsten haltestelle die bahn, er laueft den huegel zum rathaus hinauf, vorbei an den buden der kleinen haendler und handwerker. in diesem teil der stadt ist elektrizitaet vollstaendig verboten. es ist eine schrulle des buergermeisters, der lieber hunderte von brieftauben von den grossen fenstern des gebaeudes aufsteigen laesst. sie sind dressiert nicht auf die strassen zu koten. so muehen sich die menschen nicht einmal den blick zu heben, wenn die voegel stuendlich die sonne verdecken und grobe schatten auf den boden und in den park werfen, der weitlaeufig um das rathaus angelegt ist. bis heute hat das geld nur fuer einige tuempel gereicht, nicht fuer den prachtsee, auf dem der buergermeister feine damen mit sonnenschirmen in booten treiben lassen wollte. nun werfen stechmuecken ihre larven in das stehende wasser, machen einen aufenthalt durch laerm und attacken ins gesicht unmoeglich. ernst legt den blick zur seite, da er einen bekannten in der menge erkannt hat. dieser steckt den kragen hoch und sagt:
solange kein blut in rotz oder der pisse ist, kannst du kaempfen.
dann schlaegt er ernst als offizier auf die schulter. ernst findet sich in einer gruppe rekruten wieder. sein nebenmann rollt nach links oben mit den augen, wie jemand der im kopf ein bild konstruiert. sie nennen ihn ladehemmung, obwohl sein gewehr immer schiessen kann. es geht zurueck zum zug, die gesamte division verlaesst das land. ernst erinnert sich, dass er heute seine einberufung verhindern wollte. weiter, weiter, schreit der offizier. die spucke schluckt er herunter, nur der gestank fliesst ihm aus dem mund. ich habe gewissensbisse, denkt ernst, weil ich zwei feinde und zwei zivilisten erschossen habe. der offizier hat ihm gestern auf die schulter geschlagen. die einzige lobende handlung, die er kennt. heute bekommt ernst dafuer einen abdruck auf die augen. er klettert in den panzer hinein und lacht kurz und hart darueber, dass er nicht zwischen ihnen umherirren muss.
[pn]