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in der kueche. folienabgedeckter boden. warte bis der akkord einsetzt, sagt eine innere stimme. die bauleuchte strahlt unregelmaessig in die leergeraeumte ecke. tapete wird mit zuversicht von der wand abgezogen. spachtelschiebungen. wir wechseln uns mit der trittleiter ab. neuanfang. das sperrholz hinter der spuele ist feucht geworden und verrottet. beim herausheben blutet es rot auf das linoleum. wechselt den aggregatzustand. die farbe ist betoerend schlicht. ich breche die schrankteile an der farbeimerkante und trage die stuecke in den mir noch unbekannten hausflur. die situation daemmert erst, wirkt wie ein wendepunkt. du traegst hellblaue jeans, weissbenetzt. in den anderen zimmern stehen die moebel willkuerlich verteilt. funktionsaenderung. diesmal beruhigt mich diese unordnung. zeitplanung. du bist attraktiv aufgeregt. endorphinregen. wir essen misosuppe von tellern, die wir in umzugskartons finden. hinter dir werkzeug und schraubenhaufen. das ist der zauber von handlungen, da ergebnisse produziert werden. du spuelst die teller in der badewanne. fiktive improvisation. alles ist moeglich. vom schleifen liegt ein duenner staubfilm auf uns. den sieht man in der bausparwerbung selten. dann zerreise ich alle hologramme unserer kinder. falsche freude macht das leben schlagartig schal. der ist zum umbinden in der kaelte gedacht. dann will ich ploetzlich etwas und verstehe kurz nicht mehr, was ein beduerfnis eigentlich ist. suche. im zwielicht trete ich an dich heran, greife nach deiner taille, fahre an deinem atmenden bauch entlang. in gelben plastikhandschuhen sind deine haende beschäftigt. du ziehst die schultern zusammen. ein windstoss schlaegt das kuechenfenster zu. die handschuhe haengen jetzt ueber dem wasserhahn. wir vergessen staendig wasser zu trinken. nehmen aspirin gegen die loesungsmittelkopfschmerzen. merkwuerdig, dass der koerper ueberhaupt reagiert. ein stoff wird heimlich gegen einen anderen getauscht. manchmal versteht man die banalsten dinge nicht. der spiegel im bad ist zum streichen abgehaengt, steht auf den bodenkacheln. man kann kaum unsere bewegungslosen schuhe darin sehen. ich entdecke den schraubenzieher trotzdem neben deinen zehen und hebe ihn auf. wir laecheln oft und vorsichtig. das schlimmste ist den respekt voreinander zu verlieren, sagt mir am vortag ein fremder an der ampel. der platz im kopf wird schmaler, faehrt er fort, je laenger menschen sich kennen. eine abartige selbstverstaendlichkeit. wir sind uns leider einig. nicken uns sozial womoeglich sogar zu, auch wenn ich es sofort abschuettel, als er hinter der naechsten haeuserwand vergeht. entweder oder. er erinnert mich an eine figur aus einem kieslowski film. waehrend der renovierung lese ich ein buch ueber das theo-technologische kontinuum. die fortfuehrung und befriedigung der religioesen beduerfnisse durch technikglauben. es tut gut sich selbst neu zu laden. refresh. wir sind offline. arcor macht bekanntlich probleme. dabei schaue ich dort gerne die tagesthemen. ich muss ins schweigen hineinlachen. du siehst mich verbluefft an und legst den pinsel beiseite. die waschmaschine schleudert und bewegt sich dabei. ihr fehlt ein standfuss, dennoch will sie fliehen. zeitschriften fallen zu boden. das telefon klingelt, um den moment abzuschliessen. du gehst mit gedaempfter stimme in einen anderen raum, als ob du jemanden nicht wecken wolltest. aus der decke ragen nackte kabelenden. ich mag das kleine licht des spannungspruefers, die unsichtbare wut des stroms darin. schaue auf meine arme und kratze ein wenig farbe von der haut. der szene fehlt die atmosphaere. ich lege deshalb eine schallplatte auf, drehe die boxen im tuerrahmen. das gegengewicht des arms ist nicht richtig eingestellt. die nadel gleitet auf der rotation beruehrungslos ins zentrum. luftkisseneffekt. vor mir schatten. ich drehe die lautstaerke herunter und schaue ihr dann mehrfach bei der reise zu. [pn]
Kategorie: junkieausrede
Schlagworte: geschlechterkampf
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