9° celsius



innere versprechen loesen sich leichter auf, als ich folgen kann. in dieser nacht wache ich erneut auf und halte meinen kopf ueber fremdes. ich muss mich zuegeln dich nicht zu beissen. anscheinend ist niemand gemeint. kopfschmerzen. in der zeitung, die diesmal nicht gestohlen wurde, lese ich, dass shakespeare gekifft haben koennte. das ist kein eckenbrueller. unwichtiger kann eine information wohl nicht sein. kunst des loslassens? stattdessen : zwischen gelben waenden, die suechte einer lauwarmen vergangenheit. die woche ist unendlich lang. anstrengung in ramponierter gefallsucht. ziehende tuworte.

heute morgen an einem asylbewerberhochhaus vorbeigelaufen. links eine betongegossene hochbahn mit beklebten waggonseiten. sie fahren ekelerregend langsam vorbei. im vordergrund erreicht der antennenwald an der hausfassade seinen hoehepunkt, den ich nachts nicht finden konnte. die schlaefen sind mir kalt geworden. jetzt wieder im hellen. am hoffungsbunker satellitenschuesselsalat, der in die heimat treiben soll. ungewissheit in zigarettenrauch auf abgebrochenen balkonen. das szenario eines einfallslosen zukunftsfilms. kinder sind an meinen flanken entlanggelaufen. ich hoffte, dass sie sich auf die schule freuen. richtungswechsel beim gehen. der unterfuehrungsboden ist haeufig nur parkplatz und flaschenbedeckte transitflaeche. auf den buergersteigen, die zu unrecht den namen tragen, altmodische hochgesteckte frisuren.

die frauen bleiben lange im kiosk stehen und fuehren gespraeche, die immer in die traurigkeit zu muenden scheinen. sie wollen nicht nach hause, sondern fuenf minuten herauszuzoegern. echte strassenkaempferinnen. die verkaeuferin demonstriert mir mit ihrer miene, dass sie lieber mit lottoscheinen und dichten tabakwaren handeln wuerde. ich will ihre anbiederung nicht und lasse sie innerlich abgleiten. es widert mich an, dass sie ihre stammkundin betruegt und an einen fremden verraet, der ihr nicht mehr als gebrauchte muenzen geben wird. pneumatische busse fahren vorbei. menschen verschwinden in der erde. keine grosstadt. keine symphonie. joachim witt singt sein missverstandenstes lied in meinen ohren. niemand hat seinen texten damals zugehoert. es wird zu allem getanzt. danach haengt das publikum artig die waesche ab. protokollarisch wird dankbarkeit des inruhelassens geteilt.

auch ich schlucke die gefuehlsprophylaxe und weiss, dass alle abends trinken werden. wohl bekommts, rattenjunge. im nest versteckte vorraete fuer alle jahreszeiten. blosse gelenke, die blank und duenn werden. passanten kreuzen und hoffen nichts aus den taschen zu verlieren. beim augenschliessen ziehen sie schlieren hinter mir her. ich vergesse, dass auch sie mich sehen koennen, wenn ich sie anschaue. zierende plakatwaende, in denen etwas nacktes sich vor mich draengt. this home is nice. ein mann im blaumann arbeitet daran. in der werbung sind die zigaretten nie angesteckt. eingefroren vor dem punkt, an dem der schaden in die welt tritt. merkwuerdige unnoetige dopplungen. du denkst, du bist fein raus. reine wieworte.

irgendwann erwischt du mich beim kuessen zur kirschbluetenzeit. dann hoffe ich, dass sich die dinge nicht ploetzlich umdrehen werden. vielleicht haben sie dann auch keine rueckseiten. obwohl dies nicht wirklich tragisch waere – eine theorie wuerde schnell darauf wachsen. [pn]