beschreibung einer fiktiven oper
der reflex ist fair. die zuschauer , hintereinander gestaffelt im saal, stabilisieren ihren blick am horizont der buehne. auch wenn die linie schraeg im bogen verlaueft, laedt sie trotzdem einig drehend die blicke ein. die bretter der buehne sind noch aus holz, nicht aus keramik, die welt stuerzte noch nicht ein. der vorhang wird gezogen, oeffnet sich wie ein maul, vor dem gaumen steht der herold , sprueht die noten aus den kehlkopf aus. autistenchor im hintergrund, sehr leise, das geknirsche in den reihen ist vollzug, entspannt lassen sich die seelen fallen, eingebettet in anzuege und strassenschuhe. hochgesteckte frisuren, erinnerungsperlen um den hals gelegt, die vermeintliche belohnung ist der einfall, ist die reine stimulanz. nervenkichern, kinder die zu hause milch zum ueberkochen bringen. wohnungsbrand in eiliger dramatik eine haeuserzeile weiter, er versteckt sich hinter eintrittskarten. die anwesenden finden motive und behauptungen wieder, die toene stecken wie nadeln, koerperkontakt nicht gewollt, nur ausnahmsweise.
attitueden der conditio humana, die gespraeche sollen nur ansatz sein fuer beruehrungen. alle werden im opernhaus devot, umsponnen von einer herben frau, abseitig. hier denkt niemand an die blosse schoenheit, es geht um das zuruecksinken, um das herunterschlucken von verstimmungen, die unter augenlidern haengen, dann auf die trommelfelle folgen. es bleibt zu wenig fuer ein gespraech danach und zuviel, um zuvor zu schweigen. dilletant, der jetzt nicht an den alkohol gebunden ist. im kino wuerde sich der kopf erst erschrocken drehen, die blauen gesichter betrachten, gefallen finden an der erkenntnis, einer von vielen zu sein und geblendet von der furcht sich aufzuloesen.
der zuschauer wuenscht sich als omnipotenter betrachter ein freiwilliges gefaess fuer gefaellige gedanken. selbstvertrauen baut die mauern ab, ist zahnstocher fuer den geist. es befreit von der karioesen betrachtung durch das gegenueber, das die grundangst nicht anruehren mag, das zum fressen zu satt ist. es wischt sich den mund von fetten taten ab, blickt mit glanzaugen nach vorne.
auf der buehne stellt sich jetzt mehr als betaeubung ein. die fragen, die erscheinen werden wieder vergessen. gier nach moeglichkeiten, die tagesform urteilt ueber das gelingen. die staerke im kragen haelt den kopf gerade, die aermel sind schmutzig vom aufheben der eindruecke, die haende taub vom zerren am ton der situation. als richtungsweisend gelten die, die vorne oder oben in den logen sitzen. meinungsbuesten, armor im kettenhemd. gewaltenteilung fuer den geist, stolz ausgekleidet mit einer schutzschicht, wie im pappkarton. kunstfertigkeiten werden in ein rechtes licht gesetzt.
der vogelzug am himmel ist verdeckt von tapetenornamenten und kronleuchterglanz. im letzten akt haben die anwesenden das stadium des hungers ueberwunden, handinnenseiten legen sich auf knie, die gehoeren und nicht. mit seitenblicken wird die aufmerksamkeit der nachbarin geprueft, die standhaftigkeit in sequenzen unterteilt, trennlinie um trennlinie, matrizenwalze, die von der buehne rollen will, gehalten wird von rezipient zu rezipient. im orchestergraben ist in dem paukenspieler eine krankheit aufgestossen, sie faellt ueber ihn, wie ein ungewollter tausch. [pn]
Kategorie: erzaehlung
Schlagworte: gesellschaft
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