Texte - 2007



schneller wohnen

sie zieht die tuer hinter sich zu. immunkompetenzen. riecht sie die krankheiten, die in mir anwachsen ? rhetorische fragen machen sinnvolles grau. paraprosdokian – keine sorge. niemand muss nachschlagen im lexikon. lies den vorletzten satz.

[pn]

transplantationssportler

abgebrochene filme, nacken umdrehen, nach hinten legen, begreifen, dass nichts wertvoll wird, was in der hand schmilzt, ausser machtfuelle. [pn]

veranstaltung

eine lange menschenschlange im winter. wir imitieren russische vektoren, ohne lebensmittelmarken nur mit geld bewaffnet. da nutzt keine routine des armbandschauens, kein handzucken zu eingebildeter musik. als antwort nur das reine stehen. brave kalbsaugen, die sich gesellen wollen und muessen, da wir sonst in uns zurueckgeworfen werden.

trek hoert sich das gedicht an. lastwagengischt schluckt worte. er will den jungen mann besaenftigen, der handschuhlos das papier haelt. ihm aufbauendes sagen, bis ihm ploetzlich nichts mehr einfaellt und er nur noch an die eingeschaltete webcam in seiner wohnung denkt. trek stoert sich nicht daran. der junge stoert und schaut an den schultern der wartenden entlang die strassen ab. trek nimmt die eigene grosse hand und klemmt in ihr das fremde kinn ein : so siehst du doch nix, du depp, schau immer in die augen. was glaubst du wie ich journalist wurde. der augenblick. mir tun die augen weh und so weiter, kapierste?

die zeugen der szene wenden sich langsam ab, ohne die moeglichkeit einer rueckkehr zu vergeuden. den nahen frauen wird es peinlich. drinnen gibt es muckefuck und leise musik, sagt trek und klopft dem dichter auf die schultern. erst links, dann rechts. du wirst alles bald vergessen haben, so wie ich alles vergesse, verstehste ?

[pn]

die volksbuehne wird umgebaut

schaut auf das verhaengte, jetzt ist die strasse aehnlicher, die reste verschwinden, jahre werden zu tagen. eine schwarze honda wird mit laufendem motor vorbeigeschoben, benzingeruch geht den buergersteig herunter. wir verhalten uns gegenseitig, liegen hier und da, setzen uns auf den blanken boden, so jung sind wir. bitte erzaehle mir nichts neues mehr, es wirft mich um. ich haette anders leben sollen. mit koffein wird die paracetamol dann leichter und rauscht im blut. [pn]

meta

nachrichten. in einem karton an einem gefliessten tisch sitzen wir und koennen nicht genug voneinander bekommen. blau explodiert am himmel. im fernsehen reiben sie sich die schlaefen. womoeglich haben wir vorhin ueber den streifenwagen gelacht, der eine kehrtwende machte um ein verbrechen zu vereiteln. im wagen zwei junge beamte ohne gesicht. der eine fragt mich jetzt, wieso ich die arme so schlaff halte. ich habe keine kraft mehr in den muskeln vom arbeiten. arbeiten? du hast doch zugeschlagen, sagt er und schaut verachtend hinter mich. er muss lange dafuer geuebt haben. [pn]

marathonmoench

eine gerade ist die kuerzeste verbindung zwischen zwei punkten. beim lesen des satzes zieht der moench die stirn zusammen. die folgenden seiten sind herausgerissen. blitze schlagen ihm loecher in den blick, als er den ratgeber auf den plastikboden gleiten laesst. moench komar steht auf und schaltet den plattenspieler aus. spinner-musik. die nadel haengt trocknend in der letzten rille. seine einsicht : wieso habe ich die gedankenleere begonnen? er dreht sich mit dem oberkoerper zur wand, sucht eine flaeche in der er sich spiegeln kann. am vortag hat ein kunde nach der beichte aus verzweiflung die fensterscheibe eingerissen. kalte luft sticht am pappkarton vorbei in das zimmer. fogging-effekt an den seiten des wohnkartons.

komar hechelt bei jeder bewegung seines schwammigen leibes. draussen fallen duenne nadelstreifen. ein turm aus rauch waelzt sich am horizont entlang. komar biegt eine ecke der pappe zur seite und spuckt hinaus. er wechselt auf eine andere aussicht an der konsole. gruene huegelkuppenwueste, statt endzeit. kontrolle des eigenbildes. die wortkombination schiesst ihm in den kopf. komar will die ratgeberhetorik trainieren.

nachrichten aus der bocs. ungenauigkeit manifestiert sich durch die lautsprecher in den waenden. ladybot gibt die zahlen der verbliebenen baeume bekannt. motivationsansprache und durchhalteparole. traenenwetter. der porno des abends wird angekuendigt. ladybot hat ausgeschlagene zaehne. ein techniker stuetzt ihren hinterkopf mit einem eisenstab. er duckt sich hinter den moderationstisch, seine schultern ragen trotzdem ins bild und verdecken die traditionskarte europas. truppenbewegungen werden in bunten farben auf das display projiziert.

komar sortiert seine buecher, blaettert nebenbei durch eine biographie hitlers. strenger alter hitler! er lacht. die gabel stochert blind in der nahrungsklappe. alles aus einer wand! mit dem aermel der kutte wischt er sich das fett vom mund, laesst stuecke des kalbfleisches an sich abrutschen. in der konserve bleibt nur die gelbe gelatine zurueck. nach dem gebet wird uriniert. komar stellt sich auf die graue neutralplatte. die selbstreinigung glaettet den boden, entzieht die gerueche. luftfiltersymphonie, waehrend die abfaelle abgebaut werden. bot bot nanobot! komar streckt den mittelfinger aus. er kleidet sich in der nebenkammer an. hier ist das kreischen des phantasie-pornos leiser und kaum zu hoeren. komars lange finger greifen nach der bekleidung: gesichtssack, enge brille und trittstiefel.

die h-wache im aufzug sitzt in ihrem kaefig. komar stellt sich in eine enge menschenreihe. vierhundert personen fahren im gedimmten licht zur bodenebene hinab. eine hydraulische frau justiert neben komar leise ihr skelett. zischend steigen kleine wolken aus den kuenstlichen gelenken, ihre endorphinen schuebe bringen komar aus dem takt. laehmung vier? seine frage ist beinah unhoerbar. der druckausgleich presst alle lungenfluegel ein. die masse seufzt.

weibchen, denkt komar. sie streckt ihm die hand eckig entgegen. izzi, sagt sie dazu. ihre gesichtsplatte glaenzt und zeigt ein wunschbild aus komars gehirn. moireeffekt. es wird von stoerrischen linien druchzogen. komar ist dankbar und wundert sich ueber die blaesse seiner konstruktion. das gesicht einer pornobraut. die passagiere ekeln sich ueber die romanze. komar zeigt ihr als ausgleich sein profil und woelbt den sumobauch nach aussen. die kutte spannt sich. fahrstuhlzangen schnappen ein. izzi lacht. ihre linke schulter ist abgerutscht. es stoert ihn kaum. er ist benebelt.

die herde entweicht durch die aufzugstuer. h-wache treibt die menge an. er zerrt schreiend seine stimme, haelt eine hand an den offenen hals, um die pulsierenden baender zu baendigen. dreihundertdreissig trippelschritte bis zum ausgang. kontrolle um kontrolle. izzi schlaegt eine schneise. komar greift die henkel ihres anzugs und zieht sich auf izzis ruecken auf. sie beugt sich nieder. hydraulik pumpt. komar schwebt. wie am fliessband gleiten sie den gang herunter und werfen sich durch die expresstore nach aussen. [pn]

aufstand der anstaendigen jugend

der interviewer schaltet das dikitiergeraet aus. er hat die journalistenanekdote nicht gelesen in der erklaert wird, dass gerade jetzt unverfaelschte bekenntnisse aus den gespraechspartnern herausplatzen. souveraen ueberhoert er was der geschaedigte muendlich ausfuehrt:

ich mache etwas, was es schon gibt.der schockeffekt beim sprechen. es wird nichts besser. schuebe des bedauerns. futurum exaktum. ein ungeduldiges portrait. dies ist eine parodie auf gemachtes: zu selten finde ich den unvollstaendigen umgang. wieso erinnern wir uns so selten? dabei durchschreiten wir die tage schon wie stoerche und machen lange schritte dabei.

sommerende. ich sehe sie davonfahren und halte es fuer ein grausames bild – ohne das beruehmte umdrehen. andere leute geben mir einen rat. ich solle mich beschwichtigen und zuruecktreten. jeder minister weiss, dass auch ein ende eine beeindruckende noetigung sein kann. reglos laufe ich durch die stadt. finde keinen platz, der mir gefaellt.

in ihrer zuversicht entdeckte ich meine kehrseite. beginnen zweifel nicht oft an willkuerlichen orten? ein nackenbiss toetet nicht immer. im tierreich gibt es keine tortur, die liegt im absoluten willen. blicke der anwesenden gleiten an mir ab. warnergesichter mit kneiflippen. nicht nach dem weg fragen, geradeausfallen. hier und dort ein mikroaufbruch, der erscheinungen daempft. sitzen und zeit sammeln, um sie dann auszugeben wie ein schlechter oekonom. beim zaehneknirschen fuehle ich die abgeschliffenen spitzen. sie sind transparent. wie fremde verstaendigten wir uns. walkmanphaenomen. ich beantworte eine frage am telefon und hoere eine steinigung am ende der leitung. alle versuche erweisen sich als geisterfahrerlogik, sie werden abgeschoben. wagnis, vage, waage? nichts im gleichgewicht, gehirncrack ohne tanzschritte. koepfe werden in tageslichtanlagen zur verstaendigung hinter tueren verschlossen. die riechen nach geld. eine kraeftige stimme im kopf legt mir gerne falsche faehrten. blosse beweise fuer einen korrupten gerichtshof. unglaeubig schaue ich herum und sehe nur konkrete taten und menschliche energiedepots. woher nehmen alle diese kraefte? die stolpernde spezies. ich verlasse mich, waehrend andere sich selbst kennenlernen. und sie?[pn]

mickey

ein pantomime belaestigt mich. dabei sah das vorbeigehen an ihm so einfach aus. das weisse gesicht folgt mir. er will nachaeffen. das ist doch keine unterhaltung, sagt er. ich gebe ihm recht. es ist eine qual.
er klatscht dreimal in die hand. die zuschauer verziehen lautlos das gesicht. er hat gegen ihre regeln verstossen.

[pn]

das rauchverbot eignet sich nicht dafuer

milch mit messern drin.im vorbeigehen fasst mir ploetzlich ein tuerke an die schulter. sehe ich schon so fertig aus? eine frau folgt ihm einige schritte, dreht sich zu mir. geht gleich weiter.

in kurzer schwaeche des aberglaubens meine ich vom todesengel beruehrt worden zu sein. ich kann den sinn nicht einordnen. das fremde paar beraet jetzt am oberen ende der treppen. als ich hochschaue sind ihre koepfe in meiner kadrage abgeschnitten. sie scheinen sich nach polizistenart zu streiten. der mann lehnt am gelaender. rotgruene lichwechsel beleuchten alles durch die rolltreppenaktivierung. mythos treppe? showtreppe. still die treppen hochschleichen. treppensturz. ort des auf und absteigens – alles kann ploetzlich thema werden. ich schaue auf den fahrplan, um mich an etwas konkretem festzuhalten und verstehe die zahlenspiele nicht.

durch die kopfhoerermusik hoere ich eine frau laut nach hilfe rufen. ihr schrei geht durch mark und bein. eine einbildung? ja. synchronizitaet der ereignisse. ich lache zum ersten mal und reagiere nicht weiter. das nichthandeln der anderen menschen legitimiert mir meine ignoranz. wir stehen gemeinsam stumm im ubahn-warteschacht. zwei jugendliche haben sich auf den blossen boden gesetzt. schnell stehen sie wieder auf, nachdem ihnen die revolte zu kalt geworden ist. kompakte einheiten schwaermen die treppen herunter.

mann mann. frau frau. frau mann.

herrlich militaerische ordung. in den plastiktueten liegt immer bier. parallel klirren dazu goennerhafte gedanken aufeinander. oder die schneidezaehne gegen eine sektflasche. jung kaputt spart altersheime. und alt? ich kann samstags nichts veruebeln, auch ich ziehe mich ins innere exil zurueck. bamm! ein gleisarbeiter laesst die schranke zum alles verschlingenden ubahntunnel zufallen. ich sehe nur noch hand und arm in uniform verschwinden. als bild zurueckgebliebene beine in der unschaerfe. ein euphemismus faellt mir dazu ein: er ist ins wasser gegangen.

ich lache innerlich sehr laut auf. draussen bringt schienengeratter die attraktionsverkleideten durcheinander. komisch, die tuer-pneumatik riecht immer nach pisse. gedraengel: zwei klingonische frauen verlassen die ubahn. star trek-convention am ende der stadt in einer klammen lagerhalle. weihnachtslametta ist jetzt sternenstaub – in der phantasie geht alles. wir sind am film entlang erzogen worden. muedes laecheln fuer ein unausgewogenes zitat. identifikation ist rettung. was bedeutet das ? ich bin nicht dran. du bist. ich hoffe, dass sie nichts kaputtes ausser ihren vorstellungen heraustragen werden und steige mit einer gruppe rasselnder skater ein.

betablockerabteil. zwei alte halten sich tuechtig die hand. sieh mal an! fehlt nur noch grillenzirpen. ich stutze. ubahnwaggons haben gar keine abteile. betrunken sehe ich nicht mehr, wie andere mich betrachten.

ein dicker rotkopf schwankt umher und produziert ein gedankenspiel: einige stunden zuvor auf seiner betriebsfeier. der mann laesst sich gehen. heute druecken alle kollegen mal ein auge zu. er persoenlich schliesst genuesslich beide lider. der rest verzieht die schnauze und fuerchtet sich vor dem eigenen blinzeln und der damit verbundenen einsamkeit. die feier endet, nachdem alle anwesenden die schwierigkeit des einzeln-nacheinander-entspannens der augen festgestellt haben. kollektives kopfschuetteln ueber die schnelllebige moderne. immer diese weichen broetchen! in einigen tausend jahren hat der mensch eine kauleiste statt gebiss, sagt eine stimme aus der zweiten reihe. souveraenes raeuspern : immer das ziel im visier behalten! sagt der chef und kratzt sich irgendwo vor ahnungslosigkeit. auf-die-uhr-schauen und verabschieden.bis morgen, klaus! aber nuechtern. haha.

zurueck in der bahn : jetzt kann klaus frei und oeffentlich die ersehnte ohnmacht simulieren. im spass faellt er zu boden.heidewitzka ! ironiebefreite beissende fahne. eine arena bildet sich. halbkreis nach innen offen. eintritt frei. klaus` kollege sitzt meter entfernt und labt sich am einfallsreichtum seines einfachen freundes. er muss morgen noch die dvd zurueckgeben. zum glueck hat er das guenstige spezialangebot wahrgenommen. frohes lachen einer skinhead-handlung ergibt sich spontan bei ihm. oder hat er noch ueber klaus gelacht? es ist schwer einzugrenzen, da er es selbst nicht weiss.

paff! nichts passiert. sofort sind klaus&kollege von allen u-bahnnauten vergessen. irritiert und verunsichert hoffen beide wenigstens einmal aufzufallen. ihr finaler traum ist es ins fernsehen zu kommen. anlass egal. stattdessen faehrt im scheibenfenster die welt unbeeindruckt als asphalt vorbei. eine flaeche die nahtlos zwei raeume verbindet. die kamera faehrt zurueck, wird neu justiert. werbung draussen und drinnen.

mein bodenblick zeigt zu viele quadratische schuhe. schnitt. ich lehne mich in die sitzschale zurueck. halte und stosse partikel weg. unertraegliches rauchverbot. ich wundere mich, wieso ich auf der strasse keine haeuserdaecher erkenne. verortung ist truegerisch. wo ich nicht bin, existiert nichts. likoerpathos: zeitgeist ist das geniessen beruehrungsfreier augenblicke in anstaendiger grundnot. der totale geistige buergerkrieg. als guerillakaempfer gegen die mediale intelligenzija vertilgen wir den bilderhunger durch bilderproduktion: sagt der photograph und besteht weiterhin darauf, mit ph geschrieben zu werden. trotzdem herrschen banalsysteme. im kopf sind hindernisse und entscheidungsklappen eingesetzt. heraus quillt die gaenze unserer vollstreckung.

in der zeitung: chinesisch-islamisches erstarken wird realbedrohung durch den europaeischen zusammenbruch des selbstverstaendnisses.

in der groben wirklichkeit, die in keine schlagzeile passt, zieht sich der ohnmachts-suechtige mit rotem kopf wieder vom boden hoch. er ist der wahre kulturfaschist. die sinne reichen ihm vollkommen. selbst der nasse tunnelblick hindert ihn nicht mit seiner ungelenken koerpersprache folgendes zu sagen :

die aufklaerung eingefaltet zu tautologischen seitenblicken. zu fruehe selbstreflektion behindert neue handlungen. das ende der geschichte durch rueckbesinnung auf bereits gelebtes. schale second hand moden. musikalische loops. die tuecke der retrospektive ist die gefahr der selbstueberschaetzung. wo schon gestriges zum leitfaden eines imaginaeren morgen ausreicht, findet sich schnell falscher stolz. die festung europa beginnt nach angst zu stinken. arrogante erhebungen durch illusion der kulturellen vielfalt und der einigkeit der teilnehmer auf die vormachtsstellung. verkappte professorenfuerze. seht mich an! ich leiste den wichtigen beitrag durch absolute deckung meines inneren mit dem aussen!

das tanzen des betrunkenen ist meine theorie geworden. beim muedewerden sitzt mein doppelgaenger im nebenvierer. vierer? di-normierter vierersitz. die schuettelrasseln der skateboarder sind leiser geworden. die euphorie des wartens hat uns gerade ueberrannt. die bahn steht bereits zehn minuten unterirdisch. wie schoen.

kurz bin ich in der lage aufrecht zu sitzen. vertrautes zusammensinken kehrt wieder. zusammensinken – eine ueberschrift, die im weissblatt auftauchen wird. die neuen medien bestehen aus weisser schrift auf weissem papier. filme ohne bild. schweigen wird gold werden. hotels mit dunkelkammern steigen dann aus der erde. wellness beginnt heute und das neue ruhe-finden von morgen ist abosulute reizlosigkeit.
oft ausgebucht.

in der gegenwart: der treue hat sich hier niemand verschrieben. freundliche tritte gegen meine rueckenlehne. endlich fahren wir los. die anspannung abstellen, nichts wollen-muessen, trotzig gewicht aufladen. ironie der geistigen und koerperlichen trennung. alkoholische kopfnuss. saettigungsempfindung. nanosekunde der unterdrueckung im wahrnehmungsstottern der bewegung. blankpause zur ertraeglichkeit. jeder nervenimpuls fordert seine zeitspanne.

aendert sich das bild noch? erstaunlicher mensch mit zahnfaeule. die rippen sind einfach da und bewegen den brustkorb dennoch. manchmal herzschlagen. ich vergesse, dass ich nur im transportmittel sitze und kratze aufmerksamkeit zusammen, damit sie mich nicht verhaften muessen. denn es ist laecherlich wie ich aus der bahn aussteige. [pn]

totales environment

diese luege beginnt auch an einer kreuzung. wo sonst ? am schnittpunkt zweier geraden. unterschiede nur im ausgleich der geschwindigkeiten. die wartenden haben oft radkappen unter sich, andere brauchen nur die vertikale streckung, um signale zu empfangen und zu versenden. wo der koerper nicht mehr ist als zerebraler schwindelanfall stossen sich bewusste begierden aneinander ab, dann folgt die gruenphase. verfangene passanten. klebrige orte finden sich immer an meschenansammlungen. abfall in genussrueckstaenden ist neben imaginationsleerstellen der flanierenden geister in den raum gelegt. austausch und wunschefuellung durch begegnung. ein arsch, ein mueder arm, steigender blick. cinema direct. musique concrete. worthuelse wird zum stolperstein. kurzes kulturelles spiel gefolgt von befangenheit – denkt alles der banale mann.

ein ebenso banaler name kleidet ihn, den blondinenliebhaber. er stolpert den frauen hinterher. elektrischer eklektiker, mit tschibo – digitalkamera. abstand halten ist sehr wichtig.

die angstbereiter-polizisten nennen ihn spanner-hans, halten die trillerpfeife im maul, waehrend sie im dienstwagen um die haeuserecken gleiten. danach spielen sie karten.

hans ist ein redundantes wesen, er gefaellt sich in der vorstellung ein evolutionaerer baustein zu sein. eine treppenstufe, die naechste genrationen endgueltig zu formalmenschen machen kann. frontalmenschen, verbessert sich hans. er hasst es fehler zu machen.

die eigenschaften der welt konsumiert er still, nur manchmal droht ein seufzen ueber seine zaehne zu rutschen, wenn ihn eine lieblingssorte wurst enstellt. gesichtslappen statt backen, eine hakennase darin versenkt. hans haelt sich fuer einen schoenen mann. immer wenn neben ihm der buergersteig gefegt wird tritt er naeher heran, um seinem augenblick beizuwohnen und ihn auszukosten. in den schritten der fremden hoert er rufe und bitten nach seiner anwesenheit.

stoffhose, dunkle stoffschuhe. heimlich ohne sohlen. flecken am hemdknopf unterhalb des adamsapfels. auf dem schaedel sind haarflaechen aufgespannt. die ohren ragen inkonsequent aus dem haarkranz. der kopf sitzt auf einem doppelt gebrochenen giraffenhals. holzast staendig in der hand.

hans sieht sich ploetzlich in eine apotheke laufen. rueckwaerts durch die lichtschranke. die warnglocke des kunden. eine alarmanlage, die gefaehrdung durch handelssituationen ankuendigt. hans hoert nichts. er ist omnipotenter betrachter seiner selbst. auf zweiter und dritter ebene liegt er zappelnd auf der personalplattform und betrachtet sich.oft kann er es sich nicht verkneifen auf den eigenen kopf zu spucken.

hans erwacht wieder. koerpersaft steht im regal. hans lacht. hustensaft ! er hustet beim lachen, bis apotheker (ohne artikel) vorwurfsvoll durch den ganzen laden schaut. hier kauft der gute deutsche also gesundheit ein?

deutschland? fuer einen augenblick ist es nicht klar woher die frage kommt. eine gelenkige frau aus der mitte (a) der gesellschaft (b) des raumes schlichtet den streit, indem sie mit doppelten fingern auf erschrockenen apotheker zeigt, der in seine geheimnisvolle hinterraeume verschwindet.

spanner-hans springt in einem satz hinterher und apotheker an die gurgel. er vermutet etwas schlimmes. beim festdruecken schaut er sich um: hier werden keine salben gemischt oder pulver zerstossen. hier hat der apotheker – die stimmung droht fast ernst zu werden – eine junge frau an die heizung gebunden. der rock fehlt ihr, eine schere hat die locken abgeschnitten, loetkolben und zange liegen strahlend sauber auf dem beistelltisch im stil der fuenfziger. kokosduft eines toillettensprays. streng. die frau hat sich eingenaesst.

hans schliesst leise die tuer hinter sich, die haende krampfen, obwohl doch jetzt der widerstand des eingedrueckten kopfes der apothekerkehle fehlt. die fremde dame im verkaufsfoyer reibt badesalz auf ihre haut. es geht schliesslich um vertraeglichkeit. immer.

sie schaut auf : das steht ihnen aber gut! sagt sie und zeigt auf apothekermantel-hans.

mit neuem image verschwindet dieser jedoch bereits im strassenbild. nur sein abbild in der linse der ueberwachungskamera brennt sich in den alten bildschirm ein und zieht schlieren. auf dem brustkorb des ex-apothekers liegt ein zettel: danke hans!

p.s. die frau ist fuer einige jahre gerettet. versprochen.

[pn]

radrennfahrer

ohne motor. die beine geheftet und um den rahmen gelegt. unter den johlenden gaumen der zuschauer wirft der fahrer sich die huegelketten hinab. im kopf hebt sich ein futuristischer wunsch aus dem nichts empor: die lust den lenker zu verdrehen und dem boden in voller fahrt zu begegnen. mann gegen asphalt. baum baum baum, im netzhautpapier eingestanzte andauernde veraenderung. der fahrer woelbt die schulterblaetter auseinander. die alten fluegel wachsen ihm. gestern erfaehrt er, dass er bald gehen muss. jeder sport wird ab morgen simuliert. die stimmgabelgespraeche werden im nichts verlaufen. [pn]

elbe & schatten

elektriker tauber stellt die koffer auf das laminat. seien sie vorsichtig, sagt die kundin. ich habe angst vor dem strom. sie lacht und wechselt die oktave dabei, um sich zu verbessern: nein, einen riesen-respekt ! tauber winkt ab. seien sie nicht laecherlich, gnaed`ge frau. ich mach das schon zwanzig jahr.

am tag zuvor. tauber stoesst erneut an. der neue schwager lallt schon. wohl bekommts, lieber neuer dicker schwager dirk. tauber geniert sich waehrend der ansprache der eltern, die schon alt sind. ist doch normal, der arbeitskollege eckt ihn mit dem ellenbogen an. die duerfen das! tauber runzelt die stirn : alt sein ? der kollege dreher trinkt weiter. gelange ersteinmal in den goldenen herbst, sagt er und meint es auch so platt.tauber denkt : meine schwester ist so haesslich. er wischt die handflaeche an der hose trocken und schwenkt das glas zum frischen paar. er muss die augen aufreissen beim schlucken. alle klatschen. tauber hat die pointe verpasst.

ist es ungewoehnlich einen elektriker fuer sowas zu bestellen? sagt die kundin und uebt neckisch zu sein. im augenwinkel sieht tauber seine eigene routine und ihre. mmmh. ne. tauber irrt sich gleich bei den anschluessen. der spannungspruefer steckt arbeitslos in der schweinsledertasche im dritten einsteckfach. taubers kopf sinkt fuellig nieder. die kundin wundert sich ueber die muedigkeit – diese handwerker ! sie lacht und knackt mit dem knie beim beugen. sind sie in ordnung? fuenzehn minuten spaeter. die koerperhandwerker kommen, um den leblosen in eine plastikplane einzusacken. die ex-kundin sieht ploetzlich zeichentrickfiguren vor sich, die finger in steckdosen stecken, dann zucken und kleine rauchwoelkchen aufsteigen lassen. wie die leute so eine starke phantasie aufbringen, sich derart dramatisches auszudenken? das ist ihr schleierhaft. [pn]

filmregen

rasenflaeche. ich sitze auf der steinkante. selbst der russe neben mir spricht ueber neuordnungen und politische bildung. da hat er absichten insgeheim in sich geschoben, die keiner der hier anwesenden erfuellen kann. er telefoniert. ich drehe mich ab, mit dem styroporbecher in den haenden. sofort wird mir schlecht. geworden! er lacht ueber sein deutsch. integriere dich, meint er zu mir, als ich den kaffee wegschuette. er beginnt, ohne dass ich mich wehren kann :

in unserer zeit ist selbst ein stuhl zur suende geworden. wieso? da das sitzen unerhoerterweise zum selbstzweck geworden ist. geworden! nicht aus gruenden der faulheit, da diese ja nur im vergleich betrachtet wird. im gegenteil, es sind aesthetische gruende.

er amuesiert sich ueber das tempus, als sei es gezeitenwechsel an einem verdreckten strand seiner vor-vergangenheit. die leute koennen selbst in sibirien im sommer durch fluesse steigen und an buchten im meer versinken, bevor der eisboden nasenbrueche fabriziert. er haelt eine unsichtbare flasche an den hals, schlaegt mit zwei fingern dagegen und lacht sein so-geht-das. woher diese freude? ich habe mich bereits mehrere schritte entfernt, als er mir gruessend entgegenkommt. dem putin ganz aehnlich, denken die teutonen im park und greifen nach heruntergefallenen muenzen. du bist gar kein russe, sage ich und will ihn nicht durch willkuerliches raten verletzen. da haben wir alle noch einmal glueck gehabt. niemand wurde totgeschlagen, wenigstens in den naechsten vierhundert minuten in dieser stadt. da lacht er wieder, diesmal wohl ueber eine dilletantische moral am anderen ende der leitung. [pn]

die zeit war aber wuetend auf alles

langweilige monologe haben keinen anspruch auf heilung. vielleicht sagten die aerzte damals nichts, aber ich nehme schon zuviel vorweg. den abstand zu planen ist zu meinem beruf geworden. jahrelang interesse heucheln, um dann in erweckungsstarre zu beginnen. wenn ein tag mit ansteigender zahl mich einholt und die monate sich rapide beschleunigen, habe ich das gefuehl einen leierkastenspieler anzuhoeren, der fertigwerden will, der sich selbst schon satt hat. das datum wird zu einem klumpen mit kern, macht den kopf erbarmungslos muede, dass ich mich frage, ob ich wirklich erwacht bin und ohne traum. [pn]

zeit kritisch vor dem fernseher verbringen

in der stadt gibt es eine brutstaette der voegel, an der die laeufer erde aufruetteln. durch stampfen ihrer beine und gewichtsverlagerung verstaendnis fuer den eigenen koerper wecken. das zischen der kalten schwaene stoert sie ebensowenig, wie die blicke der sitzenden. stempelbewegung, flaschenklirren um die geborgenheit ihrer gedanken. so grausam ihr lebenswille und scheinbar vollkommen, kein wort haelt sie auf. passanten photgraphieren uniform mit telefonen alle voegel tot. sie wirken dabei ungelenk wie die kueken. der schwanenhals mit grossem kopf am wasser, eine fuetterungshand reicht etwas. gideon lehnt die augen zur seite, folgt den geraeuschen im koerper, stoesst von innen an das trommelfell. eine frau tritt heran, hochgewachsen birkenhaft. gideon sagt: du scheinst etwas im haar zu haben, unwillkuerlich. ueber der szene bedeckt sich der himmel, er kann niemals bedrohen. die aufgehaengten flaggen bedienen die furcht. die frau spuert fahrraeder im park. hohn neigt sich, wie eine
roehre, von gast zu gast. im hintergrund ein polizeieinsatz. [pn]

film ueber vegas

der cowboy mit der winkenden zigarette wird immer gezeigt, grelles neon selbstverstaendlich. alkoholische spieler und alkoholische nutten suchen zuflucht. der mikroskopische krieg in jedem einzeln aufgeblasen, private schulden eingeschlossen. dieser ort betoert nicht anders, als die uebrigen. umso schlimmer, dass buntes licht in den schaedel faellt. keine uhren an den waenden, reisswolf im hals. blondinen mit roten augen ueber verschuettem salz, das streit vorraussagt. am kantstein halten sich betrunkene neben schwangeren die baeuche fest. schlechtes essen, frisuren mit bunten spitzen und ansaetzen. amateure mit kurzen ideen und in sich verstellten sinnesfreuden. die ereignisse sinken ueberdeutlich und gleichzeitig nieder. die zweifach gebrochene nase einfach im wind verheilen lassen, ins betaeubungstapeten-casino gehen, die zierfruechte im inneren anfassen. geruchloses wachs. ueber den besuchern sind roentgenstrahler an die decke montiert. dem geld ist es egal. krebskrankenhaus an jedes plastikschild gereiht. die lippen der patienten champagnerverbrannt. krawatte mit brandloch, gerissene achillesfersen, die fortlaufen und selbst ein naehertreten verhindern. zusammengeschlagene arme um den koerper eines polizisten im krankenhausgang. an ihm vorbei und genauer: bruder jackpot. [pn]

retour-uebersetzer

entlassungswelle? deutlicher, herr ansgar, sie haben ja schaum auf der jacke und schmutz um die mundwinkel. jetzt setzen wir uns
erstmal und besprechen in ruhe unsere situation.

im selben augenblick klopft es an der tuer, die leichtbekleidete junge sekretaerin geizt nicht mit geschmeidigkeit, als sie die tassen auf den eisenholztisch stellt, das tablett ins rechte licht rueckt und die haare offen knetet. sie laechelt ihr entlassungslaecheln. beim hinausgehen goennt sie ansgar einen ausgehnten blick auf ihre auslage. der direktor schaut, als haette er einen koestlichen herrenwitz erzaehlt: ein minister hat seine brille im bordell vergessen. das zwinkern verkeift er sich knapp, sie verstehen? er schiebt ansgar das formular zu. dieser muss mit voller armlaenge ueber den tisch greifen, dabei leicht aufstehen und selbst jetzt beruehren sich die haende nicht. beide federhalter versagen beim schreiben. der direktor drueckt einen unsichtbaren knopf an der schreibtischunterseite und sagt mit rollender stimme: fraeullein, wuerden sie bitte einmal? dann warten alle, auch das fraeulein vor der tuer, auf ihren moment. [pn]

das theatralische aufstehen ohne die zuhilfenahme der anderen

im buero. ich stelle fest: die klimaanlage ist eingestellt, dass man sich an der kaelte verbrennt. mir gegenueber sagt der mann: dieses oxymoron ist ein unnoetiger vergleich. sie haben den knopf doch vorhin selbst abgerissen.

wir sehen die atemkristalle zu boden fallen. in der muetze und dem geliehenen pullover sieht er wie ein stoerrisches kind aus. ich klopfe die akten auf dem holztisch gerade, das geraeusch klingt angenehm klar. das kind schliesst die fischaugen, er moechte meinen erklaerungen nicht mehr zuhoeren, ist dazu gezwungen, mein armer praktikant. aussergewoehnlich langsam zeige ich ihm jeden arbeitsschritt. verziere mit unnoetigen ausschweifungen, expandiere jedes wort und jede fachbezeichnung. selbst ein einfacher vorgang, wie das vorschriftsgemaesse entsorgen delikater akten oder das abheften einer notiz weite ich zum staatsakt aus, beschmiere alltaegliches und selbstredendes mit wichtigkeit und wuerde. an dem winkel seiner schultern, die er links und rechts vom starren hals abhaengen laesst, sehe ich die schwere seiner langeweile. er nickt und folgt eifrig im glauben so meine ausfuehrlichkeit zu daempfen, er will durch exakte ueberlappung und richtigkeit die zeit antreiben. der praktikant wirkt hilflos, als wolle er irgendwo mit spielgeld bezahlen. ich blende ihn, drehe mich von jeder arbeitsposition leicht weg. das scheue blitzen in den augen zeigt mir die hoffnung seinerseits. sollte dieser schritt schon ausgestanden sein? beendet? willkuerlich fuege ich deshalb zwischenschritte ein, erklaere etwas kurz vor teppichrand und lueftungsrohr. der starre hals muss wie eine puppe blicken, folgt meinem zeigefinger, der wie eine peitsche herumschlaegt. inkongruent erzaehle ich banales, das vom tonfall heiter wirken soll und mache ein unfreundliches gesicht dazu. bei ernstem und entscheidungsgrenzen beklopfe ich ihn kumpelhaft und verzerre den mund zum laecheln, lege sorgenfalten auf die stirn und halte mir die seiten. im anschluss schon den naechsten beweis auf den lippen. zum thema: die tischraender. gefahr am arbeitsplatz erkannt? frage ich. der mann hat seine eigene stimme schon seit stunden nicht gehoert und ist sichtlich verbluefft angesprochen zu werden. unsicher glaubt er an eine list. wuetend spanne ich die hand in die raumluft, dehne die gelenke. das gas knackt erfreulich. beim durchdruecken der haende beachte ich den praktikanten nicht mehr. am letzten knochen bleibt das geraeusch aus. jetzt liegt die genugtuung auf seinem gesicht. ein spiegel ist so aufgehaengt, dass man uns beide aus einer bestimmten perspektive im anschnitt sieht. eine gruene zimmerranke waechst ihm aus dem kopf. ich trete den bestimmten schritt zur seite, jeden augenblick darauf gefasst photographiert zu werden. [pn]